© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/99 10. Dezember 1999


Jodie Foster
Hollywood trifft Riefenstahl
von Thorsten Thaler

Für die New York Times ist sie "der größte weibliche Filmemacher aller Zeiten", das Time Magazine wählte sie, als einzige Frau überhaupt, unter die 100 wichtigsten Künstler dieses Jahrhunderts, und vor zwei Jahren wurde sie in Los Angeles von der "Society für Cinephiles" für ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Die gebürtige Berlinerin Leni Riefenstahl, Jahrgang 1902 , genießt in den USA jene Anerkennung, die ihr hierzulande seit mehr als einem halben Jahrhundert versagt wird. In vielen amerikanischen Schulen wird ihr zweiteiliger Dokumentarfilm über die Olympischen Spiele 1936 – "Fest der Völker" und "Fest der Schönheit" – sogar als Anschauungsmaterial für die ästhetische Wirkung heutiger Werbespots und Videoclips gezeigt.

So ist es kein Wunder, daß sich seit geraumer Zeit schon eine der gefragtesten Schauspielerinnen Hollywoods darum bemüht, Leni Riefenstahl in der geplanten Verfilmung ihres Lebens auf der Leinwand darzustellen. Jodie Foster, die für ihre Hauptrollen in "Angeklagt" (1988) und "Das Schweigen der Lämmer" (1991) jeweils mit dem Oscar ausgezeichnet wurde, zählt zu den vielseitigsten Persönlichkeiten im amerikanischen Filmgeschäft. Die 1962 in Los Angeles, Kalifornien, geborene Schauspielerin hat an der renommierten Yale-Universität Literatur studiert und mit Auszeichnung abgeschlossen. Vor der Kamera steht Jodie Foster bereits seit ihrem dritten Lebensjahr, ihre erste Oscar-Nominierung erhielt sie als 13jährige für die Darstellung einer frühreifen Prostituierten in Martin Scorseses Film "Taxi Driver". Bis heute hat sie in über 30 Filmen mitgespielt und zweimal selbst Regie geführt. Ihr neuester Film "Anna and the King", in dem sie wieder die Hauptrolle spielt, läuft in den USA in den kommenden Tagen an.

Und demnächst soll es dann Leni Riefenstahl sein. Über die Grande Dame der deutschen Regiekunst sagt Jodie Foster, es gebe keine Frau im 20. Jahrhundert, die zugleich so bewundert und verleumdet wurde. Über die bis heute vor allem wegen ihres Reichsparteitagsfilms "Triumph des Willens" von 1934 anhaltende Diffamierung zeigt sich die mittlerweile 97jährige Filmemacherin und Fotografin zu Recht empört: "Ich sehe nicht ein, nachdem ich mindestens zehnmal entnazifiziert worden bin, daß ich mich nach einem halben Jahrhundert nochmal einer Entnazifizierung zu stellen habe."

Mit Fosters Engagement und Enthusiasmus ist sie hingegen sehr zufrieden. Es sei keine Frage, daß Jodie Foster eine "der beeindruckendsten und erfolgreichsten Schauspielerinnen des zeitgenössischen Hollywood-Kinos ist", teilte Leni Riefenstahl auf Anfrage dieser Zeitung mit. "Und selbstverständlich bin ich hocherfreut, daß sich eine Darstellerin von diesem Format um die Darstellung meiner Person und meines Lebens so vehement bewirbt und bemüht."


 
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