© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/99 10. Dezember 1999


Welthandel: Drei Urteile mit Auswirkungen auf den Tier- und Umweltschutz
Sanktionen sind inbegriffen
Roland Heilmann

Anläßlich der Ministerrunde der Welthandelskonferenz (WTO) in Seattle betonte WTO-Generaldirektor Michael Moore, daß der Umweltschutz unter der Liberalisierung des Welthandels keineswegs leiden würde. Die Realität sieht aber anders aus. Bisher wurden vom WTO-Streitschlichtungsausschuß bzw. der Vorgängerorganisation, dem Allgemeinen Zoll- und Handelssystem (GATT), einige Urteile gefällt, die Zweifel an der WTO-Präambel ("nachhaltige Entwicklung") aufkommen lassen:

p In den achtziger Jahren hatten Tierschützer in den USA strengere Auflagen für die Thunfisch-Fischerei erkämpft, um so den Beifang von Delphinen zu reduzieren. 1991 wurden die Bestimmungen auch auf Thunfischimporte ausgedehnt. Mexiko klagte daraufhin vor einer GATT-Schiedskommission wegen "diskriminierender Handelshemmnisse" und bekam recht; verzichtete später aber auf Durchsetzung des Urteils.

p Der US-"Endangered Species Act" verpflichtete 1987 heimische Fischer dazu, ihre Netze mit Ausstiegshilfen für die vom Washingtoner Artenschutzabkommen geschützten Meeresschildkröten anzubringen. Vorgeschrieben waren diese Fangvorrichtungen auch für importierte Garnelen. Indien, Malaysia, Pakistan und Thailand klagten daraufhin unter Berufung auf ihre Freihandelsrechte und bekamen 1998 in zweiter Instanz vor der WTO recht.

p In der EU ist seit 1988 der Einsatz von Hormonen verboten. Das Verbot gilt auch für Fleischimporte aus Drittländern. Die USA und Kanada verklagten daraufhin die EU, weil ihrer Ansicht nach ein Gesundheitsrisiko wissenschaftlich nicht nachweisbar sei. Da bis heute nach Ansicht der WTO keine "wissenschaftlich fundierte" Risikofolgenabschätzung erbracht worden sei, erklärte sie 1999 Sanktionen der USA gegen die EU für rechtens.

Diese drei Fälle belegen, daß die Ängste vieler Menschen vor einer weiteren Liberalisierung des Welthandels durchaus begründet und Umwelt-, Tierschutz- und Verbraucherinteressen davon betroffen sind.


 
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