© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/97  04. April 1997

 
 
Die Parteien und der Euro
Kommentar
von Lothar Höbelt

Kaum ein Pseudo-Ereignis, das Politiker nicht dazu verführt, den Fernschreiber zu betätigen, um Betroffenheitsmeldungen, Solidaritätsadressen oder auch bloß heiße Luft abzusondern. Umso erstaunlicher die noble Zurückhaltung bei der vielleicht nicht ganz so unwichtigen Frage des Euro. Dabei geht es gar nicht einmal so sehr um das alte Für und Wider Maastricht. Das ist passé: Denn der Vertrag ist einfach nicht einzuhalten. Zum vorgesehenen Termin wird außer Luxemburg kaum jemand die Konvergenzkriterien erfüllen. Ganz abgesehen davon, daß auch ein punktuelles, mit allen möglichen Bilanztricks erzieltes Maastricht-Finish noch lange keine Garantie für Währungsstabilität darstellt. Entweder muß der Termin also verschoben werden – oder die Kriterien aufgeweicht. Letzteres fordern die Franzosen und die heimische Linke. Das geht aus den Äußerungen Edlingers ebenso hervor wie aus denen des Grün-Experten Van den Bellen, der meint, über die Währungsunion solle man nicht lange reden, sondern sie einfach durchführen. Beruhigend zu wissen, daß zumindest der Pilz-Flügel der Grünen über basisdemokratisches Gerede längst hinausgewachsen ist und zum bewährten demokratischen Zentralismus zurückgefunden hat.)

Nun ist das Argument, ohne Währungsunion würden die einzelnen Volkswirtschaften eben noch weiter auseinanderdriften, zwar alles andere als geeignet, das Vertrauen in den Euro zu stärken, aber bitte: Daß für Sozialisten der Primat der Politik kein Anathema darstellt, ist nur logisch.

Was aber sagt die bürgerliche Seite dazu: Die Opposition hat’s da einfach: Sie ist dagegen; das ist ja schließlich auch ihre Aufgabe. Was aber tun regierende Konservative? Bieten sie dem Wähler eine Alternative, indem sie – wie jüngst Stoiber – durchblicken lassen, sie würden im Zweifelsfall für eine Verschiebung eintreten? Oder aber sie tun so, als könne und werde ein solcher Zweifelsfall nie eintreten, weil ohnehin alle pünktlich die Kriterien erfüllen. Dazu bedarf es angesichts der Wirtschaftsdaten allerdings schon des Gottvertrauens eines Wiedervereinigungskanzlers! Schlaumeier könnten sich einfach auch denken, da es doch einmal ums Geld geht: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Dieses beredte Schweigen freilich klingt verdächtig nach der Alternative Van der Bellen. So etwas kann sich allenfalls die ÖVP leisten, denn auf sie kommt’s nicht an – und diesmal nicht bloß, weil sie die VP ist, sondern weil sie Ö ist.

Die CDU kann sich’s da nicht ganz so leicht machen – und wenn sie’s den Kanzler kostet. Weil sonst kostet sie’s den Kanzler.


 
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