© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    17/97  18. April 1997

 
 
Plebiszite: Wie sinnvoll sind Volksbegehren?
Demokratischer Akt
von Christian Pinter

Die letzten Wochen wurden von der Vorbereitung zweier Volksbegehren geprägt, die die Volksseele mehr oder weniger bewegten und letztendlich breite Unterstützung fanden. In einem Volksbegehren kann das Volk auf "direktem" Wege etwas begehren. Begehren heißt in diesem Falle, daß ein Thema, welches genügend Unterstützung innerhalb der Bevölkerung findet, dann vom Parlament "behandelt" wird. Im Grunde keine schlechte Idee, doch ist die Durchsetzbarkeit der gestellten Forderungen immer noch eine Frage der Wohlgesonnenheit der Mehrheit im Parlament. Auf gut österreichisch: Wenn die Regierung(sparteien) nicht will, geht trotzdem nichts. Man müßte aus demokratiepolitischer Sicht die Funktionsweise und Durchsetzung dieser Volksbegehren überprüfen und so verändern, daß sie wirklich einem direktem demokratischen Akt gleichkommen und bei entsprechender Beteiligung eine souveräne Entscheidung darstellen, welche einer parlamentarischen gleichkommt. Das würde bedeuten, daß ein zukünftiges Volksbegehren, welches eine bestimmte Anzahl an Stimmen übersteigt, automatisch den Wert einer Volksbefragung erhält und Rechtskraft erhält.

Doch die Umsetzung einer solchen Reform muß wohl überlegt sein, um den Sinn von Volksbegehren zu erhalten. Wenn man vom Sinn eines Volksbegehrens spricht, dann kann man auch über die Inhalte der beiden letzten Volksbegehren diskutieren. Die Feministen fordern eine Gleichberechtigung, die es im Grunde schon gibt. Männer und Frauen haben als Bürger und Arbeitnehmer die gleichen Rechte. Sie erhalten für gleiche Arbeit auch den gleichen Lohn. Die "Ungerechtigkeit" liegt letztendlich noch darin, daß Männer eben Männer – und Frauen eben Frauen sind. Hierbei handelt es sich um ein biologisches "Problem", welches im Rahmen eines Volksbegehrens bzw. durch Menschenhand zum Glück nicht lösbar ist. Somit ist schon die Überleitung zum zweiten Volksbegehren geschafft, was (einen Schritt weiter gedacht) genau gegen das ist, was die Feministen fordern. Die Natur soll Natur bleiben, die Österreicher sollen keine genmanipulierten Lebensmittel wollen. Im Grunde ein schöner Gedanke, zurück zur Natur, doch im praktischen Leben ist es beinahe genauso utopisch, wie die Forderung im Frauenvolksbegehren. Obendrein: Wie soll der kleine Bürger plötzlich zum großen Gentechnik-Experten werden, ohne dabei von bestimmten Interessensgruppen selbst manipuliert zu werden?

Somit erscheinen beide Volksbegehren zwar vordergründig ganz nett, doch bei genauerer Betrachtung erscheinen sie mehr als sinnlos. Ihre Durchsetzung auf legislativer Ebene ist zur Zeit nicht möglich. Abgesehen von der aktuellen Praxis, sollte man die Durchführung und Umsetzung dieser Volksbegehren einer genauen Prüfung unterziehen, um sie so zu reformieren, daß sie effektiver wirken, als bisher.


 
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