© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    18/97  25. April 1997

 
 
Griff in die Bundesbankkasse
Kommentar
von Bernd-Thomas Ramb

Während um die personelle Besetzung der künftigen Europäischen Zentralbank (EZB) noch halbherzig gerungen wird – nach dem festen Willen Frankreichs soll es ein Franzose sein, nachdem Deutschland schon den Sitz der EZB erhalten hat –, steht die finanzielle Ausstattung der designierten Euro-Hüterin schon fest: 50 Milliarden ECU an Devisenreserven sind von den beteiligten Nationalbanken einzuzahlen. Abgesehen von der Ausstattung der EZB mit Eigenmitteln in Höhe von weiteren 5 Milliarden ECU. Wenn auch der Teilnehmerkreis am Euro – wenigstens offiziell – noch unbekannt ist. Das Verteilungsschema der Kostenbeteiligung wurde vorsorglich im Maastricht-Vertrag fixiert. Verteilt werden die nationalen Belastungen zur einen Hälfte nach der Wirtschaftskraft und zur anderen nach der Bevölkerungsstärke der beteiligten Länder. Das ergibt für Deutschland einen Beitragssatz von 13,5 Prozentpunkten aufgrund seiner Wirtschaftsstärke und von 11 Prozentpunkten aufgrund seiner Bevölkerungsgröße. Interessant dürfte insbesondere hinsichtlich der zweiten Meßgröße sein, daß auf eine prozentuale Verteilung entsprechend den Sitzen im EU-Ministerrat – wie immer, wenn es um das Bezahlen geht – verzichtet wurde. Dort ist bekanntlich Deutschland demographisch auf die gleiche Größe wie Frankreich, Großbritannien und Italien geköpft worden. Zur Finanzierung der EZB-Reserven werden diese Staaten jedoch nur mit einem Prozentsatz von 7,7 bis 7,9 herangezogen. Demokratie hört eben beim Geld auf – oder fängt dort an, je nach Sichtweise. Hauptsache, die EU-Europa-Regel Nummer Eins wird eingehalten: Die Deutschen zahlen am meisten.

Die etwa 24 Milliarden DM, die dann die Deutsche Bundesbank ein paar Häuser weiter transportieren muß, könnten sich allerdings schnell verdoppeln. Zahlen müssen nämlich nur die tatsächlichen Teilnehmer an der Währungsunion. Fallen allein Großbritannien, Dänemark und Schweden, wie bereits angekündigt, aus, erhöht sich der deutsche Anteil auf 15,1 Milliarden ECU (etwa 30 Milliarden DM). Sollte wider Erwarten auch noch Italien, Spanien, Portugal und Griechenland als Teilnehmer an der Währungsunion ausfallen, sind 23 Milliarden ECU fällig – mehr als die Hälfte des gesamten Devisenbestands der Deutschen Bank. Fehlt nur noch, daß die EZB darauf besteht, den deutschen Anteil doch lieber in Form von Goldvermögen zum deutschen Buchwert ausgezahlt zu bekommen. Das Bundesbankgold ist nach deutscher Bilanzierungsvorschrift nur mit 144 DM pro Feinunze bewertet, macht bei 95 Millionen Unzen einen nominellen Gesamtwert von 13,7 Milliarden DM . Tatsächlich liegt der Wert der Feinunze Gold mit 350 Dollar um ein Vielfaches höher. Damit hat der "Nibelungenschatz" einen Marktwert von 56 Milliarden DM.


 
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