© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    18/97  25. April 1997

 
 
Xenophobie: Schauprozeß gegen FPÖ?
Seltsames Tribunal
(JF)

Ein "Tribunal gegen Rassismus und Xenophobie in Österreich" wird vom 2. bis 6. Juni in Wien abgehalten. Veranstalter ist eine "Regenbogenkoalition", in der sich Vertreter "diskriminierter Bevölkerungsgruppen" zusammengschlossen haben. Das Tribunal soll wie eine Gerichtsverhandlung strukturiert sein. Ziel ist es, Menschenrechtsverletzungen und die dafür verantwortlichen Personen öffentlich anzuklagen.

Wie die Veranstalter in einer Pressekonferenz erklärten, wollen sie fünf Tage lang "die Zeugenaussagen jener Menschen hören, die ihr Leben gerettet, die zu uns geflüchtet sind, in der Annahme und Hoffnung, hier Aufnahme zu finden und einen sicheren Hafen. Fünf Tage lang wollen wir die Verletzung des Menschenrechts anklagen, nach reiflicher Erwägung und Überlegung Urteile sprechen, Forderungen stützen. Fünf Tage lang kämpfen wir gegen die Fratze des Hasses, kämpfen wir für Freiheit, Gleichheit, Solidarität." Der Ablauf des Tribunals soll einer Gerichtsverhandlung gleichen. Die Anklage soll die Menschenrechtsverletzungen formulieren und die Zeugen aufrufen. Die "Angeklagten" haben das Recht, sich zu verteidigen. Der Senat hört Anklage und Verteidigung, zieht sich dann zurück und erarbeitet das Urteil. In den fünf Tagen des Tribunals sind zehn Verhandlungen vorgesehen, alle sind öffentlich.

Den Vorsitz des Tribunals führen die frühere Präsidentschaftskandidatin und Klubobfrau der Grünen, Freda Meissner-Blau, und der Friedens- und Menschenrechtsaktivist Gerhard Oberschlick. Als Senatoren wurden zahlreiche Prominente aus Politik und Kunst angekündigt, unter anderem die liberale Bundessprecherin Heide Schmidt, die Grüne Klubobfrau Madeleine Petrovic, der Leiter des Jüdischen Dokumentationsarchivs, Simon Wiesenthal, Generalvikar Helmut Schüller, der Wiener Caritas-Direktor Michael Landau sowie die Künstler Elfriede Jelinek und Josef Hader.


 
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