© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    20/97  09. Mai 1997

 
 
Euro: Mit Geld werden Wirtschaftsexperten auf Kurs gebracht
Bares aus Brüssel
von Jürgen Hatzenbichler

Es wird eng für den Euro. Die Überzeugungsarbeit für die Fanatiker der Brüsseler Gummiwährung wird immer schwieriger. Überall wächst der Widerstand. Doch Brüssel zieht jetzt alle Register. Nun werden Banker, Wirtschafts- und Regierungsexperten dafür bezahlt – mancher wird sagen: geschmiert –, daß sie Propaganda für die Einheitswährung machen.

Für einen Regierungsexperten war es in der Tat ein seltsamer Vertrag, den der vormalige Sparkassenverbandschef Gustav Raab unterschrieben hat. Raab, von der Sparkasse freigestellt, damit er die österreichische Euro-Informationskampagne leiten könne, stolperte jetzt über ein Übereinkommen mit Brüssel, mit dem der "Informationsbeauftragte" der Wiener Bundesregierung sich als EU-Euro-Propagandist verpflichtete.

Raab war aber nur einer von 14 österreichischen Wirtschaftsexperten, die sich auf diese Weise kaufen ließen. Man verpflichtete sich gegenüber der EU-Kommission, Vorträge für den Euro zu halten, in denen jedoch keine Euro-kritische Meinung vertreten werden dürfe. Die restlichen käuflichen Experten kommen allesamt aus Institutionen, die ihren Namen haben: Banken wie die Creditanstalt, die Bank Austria und der Hauptverband der Sparkassen sind da ebenso dabei wie auch Forschungsinstitute (Institut für Höhere Studien, Wirtschaftsforschungsinstitut) oder je ein Vertreter der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftsuniversität Wien. Außer dem Euro-Regierungsbeamten Raab mußte aber niemand Konsequenzen aus seiner Käuflichkeit ziehen.

Der Vertreter der EU-Kommission in Wien, Wolfgang Streitenberger, sieht auch kein Problem in diesen Verträgen. Die Vortragenden wären als "offizielle Entsendungsboten" der Kommission verpflichtet. Sie hätten weder gegen Maastricht noch gegen "sonstige objektive Kriterien", so Streitenberger, Stellung nehmen dürfen. Auch sei den vortragenden "Experten" nicht gestattet darüber zu spekulieren, ob die Währungsunion verschoben werden solle oder ob zum Beispiel Deutschland überhaupt die Konvergenzkriterien erfülle.

Andere EU-interne Kreise geben sich da offener: "Es riecht nach Propaganda". Für den österreichischen Grünen Johannes Voggenhuber, der den Fall aufgedeckt hat, handelt es sich dagegen ganz einfach um "Knebelverträge", die die Objektivität der Referenten äußerst fragwürdig machen. Voggenhuber: "Die vertragliche Bindung der Referenten erinnert an die Meinungsdiktatur des sowjetischen ZK."

Dabei ist seltsam, daß es in diesem Fall bisher nur in Finnland und Österreich zu einem Wirbel gekommen ist: Denn die EU-Kommission hatte im Juli 1996 rund 250 Spitzenkräfte aus ganz Europa nach Brüssel eingeladen. Von diesen haben 170 den entsprechenden Vertrag unterzeichnet, der sie verpflichtet, im eigenen Namen Vorträge zum Thema Euro zu halten, dabei aber nur Positionen zu vertreten, die der Haltung der Europäischen Kommission nicht widersprechen. Nur 80 der Experten haben diesen Propagandisten-Job abgelehnt.

Und Deutschland? Laut einer der JUNGEN FREIHEIT vorliegenden Liste (Ausriß siehe Foto) haben sich 29 Experten für den Euro unter Vertrag nehmen lassen. Konsequenzen bisher: keine.


 
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