© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    21/97  16. Mai 1997

 
 
Opern-Antifa
Kolumne
von Andreas Mölzer

Als im Jahre 1938 das große Fresko des weltberühmten Expressionisten Anton Kolig im Kärntner Landtag auf Weisung der neuen nationalsozialistischen Machthaber abgeschlagen werden mußte, war dies ein Akt beispielloser Barbarei. Da ist man sich heute unter Kunsthistorikern zweifellos einig. Wenn nun jedoch der Eiserne Vorhang, den der Künstler, R. H. Eisenmenger, in den 50er Jahren geschaffen hat, auf Weisung des Staatsoperndirektors Ioan Holender übermalt wird, ist dies ein Akt durchaus zeitgemäßer antifaschistischer Empörung, oder nicht?

Kurz zurück zu Anton Kolig: Er hatte im Jahre 1930 zum zehnjährigen Jubiläum der Kärntner Volksabstimmung im Auftrage des Landes Hessen als Geschenk für das "süddeutsche Bruderland" ein großes Abwehrkampf- und Abstimmungsfresko zu malen. Der dem Nötscher Kreis um Franz Wiegele angehörende Kolig war nicht zuletzt von reaktionären und völkischen Kreisen heftig angefeindet worden ob seiner expressionistischen Malweise. Der seinerzeitige Kulturkampf ist in den Kärntner Landtagsprotokollen nachzulesen. Daß die Nationalsozialisten nach dem Anschluß unter Zustimmung breiter bürgerlicher Kreise den barbarischen Bildersturm durchführen konnten, gehört zu den schändlichen Kapiteln der Kärntner Kulturgeschichte. Der Kärntner Landtag hat als Sühne gegenüber seinem großen Sohn, Anton Kolig, (der allerdings aus Böhmen stammte) auf Dauer einen Kolig-Saal im Landhaus eingerichtet.

Nun heißt es heute "der bedeutungslose Maler, Rudolf Eisenmenger" (so Heinz Sichrovsky im News) sei erstens ein Nazi gewesen und habe zweitens einen "scheußlichen eisernen Vorhang" gemalt. Von Anton Kolig hatte es in den 30er Jahren geheißen, er sei "entartet" und ein volksfeindlicher "Avantgardist". Heute bewundert man Kolig, für seine Bilder werden Höchstpreise gezahlt. Ob man die Werke Eisenmengers, die der Herr Staatsoperndirektor heute für "abgrundtief häßlich" hält, in späteren Zeiten auch wieder einmal bewundern wird, weiß man nicht. Über Geschmack, insbesondere über Kunstgeschmack läßt sich bekanntlich streiten.

Fest steht allerdings, daß jemand, der bereits 1937 in der Jury der "Großen Deutschen Kunstausstellung" in München gesessen ist und der während des Dritten Reiches den Titel "Professor" bekommen hat, als "Relikte des gleitenden Übergangs" aus der Geschichte der Wiener Staatsoper getilgt werden muß. Pflichtantifaschismus, Political correctness und jegliche andere Facette zeitgenössicher Heuchelei erfordern dies.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen