© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    21/97  16. Mai 1997

 
 
Goldsteuer und Euro-Flucht
Kommentar
von Johanna Christina Grund

Geht es nach dem Frühjahrsgutachten der EU-Kommission, dann gibt es am 1. Jänner 1999 einen Massenstart zur "Europäischen Währungsunion". Unglaubliche 13 von 15 Mitgliedsstaaten würden 1997 das Drei-Prozent-Kriterium der Neuverschuldung erfüllen. Daß aber gleichzeitig mindestens zwölf Maastricht-Unterzeichner höher verschuldet sind, als es die 60 Prozent des BIP zulassen, und daß Großbritannien trotz des Wechsels zu Labour, Schweden und Dänemark gar nicht zum Euro wollen, verschweigt Finanzkommissar Yves de Silguy. Fest steht schon jetzt, daß alle Kritiker des Währungswahnsinns recht behalten werden, die auf den politischen Fanatismus statt der eigentlich gebotenen wirtschaftlichen Vernunft hinweisen. Die mit der Brechstange und mit staatlich verordneter Budget-Schönrechnung herbeigezwungene Quantität wird die einst beschworene Qualität des Kunst-Geldes illusorisch machen.

Die Kommission weiß das genau. Aber sie ist ebenso wie die eurogläubigen Regierungen der meisten Mitgliedstaaten in den Phantasmen gefangen, die sie sich selbst in Maastricht setzten oder denen sie beitraten. Das Dilemma wird noch dadurch verschlimmert, daß der Bürger es langsam zu begreifen beginnt, wofür sein Geld, sein Vermögen, sein Besitz verschlampt werden soll. Er reagiert mit den bescheidenen Möglichkeiten des finanziell und banktechnisch Unerfahrenen, aber er reagiert massiv. Vor diesem Hintergrund ist die plötzliche Anfrage der EU-Kommission zu sehen, warum Österreich keine Mehrwertsteuer auf Goldmünzen und Goldbarren einhebe, um Goldkäufe auf diese Weise schlagartig zu verteuern. Die EU will mit der Gold-steuer dem künftig zum Umgang mit "Euro" verdammten Bürger die Flucht so unattraktiv und verlustreich wie möglich machen. Wenn auf einen "Wiener Philharmoniker" von einer Unze Feingehalt künftig zu den 4.400,– Schilling Kaufpreis noch 880 Schilling Mehrwertsteuer beim Verkauf aufgeschlagen werden, kostet dieser 5.280,– Schilling. Beim Wiederankauf zahlt die Bank aber nur 4.120,– Schilling.

In der Himmelpfortgasse wird das Kommissions-Begehren zurückgewiesen. Finanzminister Edlinger verweist auf ein Protokoll zum Maastrichter Vertrag, in dem die EU Österreich von der Mehrwertsteuer auf Gold ebenso wie Deutschland und Luxemburg befreit habe, und auf die Tatsache, daß Goldmünzen in Österreich offizielle Zahlungsmittel sind. Wie bei den anonymen Sparbüchern will die Regierung also auf Verzögerungstaktik setzen und ein Verfahren vor dem EuGH in Luxemburg abwarten, das Jahre dauern kann. Die Nationalbank zittert aber schon heute um ihre Einnahmen aus dem Philharmoniker-Verkauf.


 
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