© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    22/97  23. Mai 1997

 
 
Muslime in Deutschland: Interview mit dem CDU-Politiker Hans-Jürgen Irmer
"Man muß heute gegensteuern"
Fragen: Arne Schimmer

Sie halten den fundamentalistischen Islam für eine größere Gefahr, als es der Kommunismus je war. Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung?

IRMER: Im Gegensatz zum Kommunismus, der der Bevölkerung von der herrschenden Nomenklatura oktroyiert wurde, ist der Islam in den Herzen und Köpfen der Gläubigen verinnerlicht. Kein Kommunist wäre auf die Idee gekommen, sich selbst in die Luft zu sprengen. Die Uninformiertheit der Gesellschaft bildet hier zusammen mit dem Fanatismus der Gläubigen eine gefährliche Gemengelage.

In Deutschland werden dem Islam Freiräume eingeräumt. Islamische Grundschulen, islamische Verlage und Zeitschriften, islamische Friedhöfe, Moscheen, Minarette und Koranschulen sind die äußeren Zeichen dafür. Könnte es sein, daß man diese Entwicklung eines Tages als verhängnisvoll einstuft?

IRMER: Nach meiner festen Auffassung, ja. Wenn man sich im Rückblick die Lage in Deutschland vor 20 Jahren mit ihrem geringen Ausländeranteil vergegenwärtigt, dann war damals die Zuwanderung kein Thema. In weiteren 20 Jahren dagegen wird die islamistische Gefahr, von der wir heute sprechen, kein Thema mehr sein, weil dann gesellschaftlich und demographisch schon Fakten geschaffen sein werden. Deshalb muß man heute gegensteuern.

In einer vergreisenden Gesellschaft wird der islamische Bevölkerungsanteil in zunehmendem Maße eine ungleich jüngere Altersstruktur aufweisen. Welche Folgen könnte das haben?

IRMER: Das Grundproblem besteht darin, daß der Ausländeranteil idealtypisch gesehen wird, aber die tatsächlichen Probleme, die sich aus einer multikulturellen Gesellschaft in Verbindung mit einer radikalen Religion ergeben, kann oder will man nicht erkennen. Inzwischen hat man sogar zwei Unterschriftensammlungen gegen mich organisiert.

Werden Ihre Positionen in der CDU unterstützt?

IRMER: Die Basis ist zu einem überwältigend hohen Prozentsatz meiner Ansicht. Uns geht es darum, auch die Führungsspitze der Union für dieses Thema zu sensibilisieren. Dies ist teilweise schon gelungen, denn es wird auch an der CDU-Spitze ernsthaft und seriös über dieses Thema diskutiert.

Ist der von Ihnen herausgegebene "Wetzlar-Kurier" ein regionales, konservatives Forum?

IRMER: Ja, der Wetzlar-Kurier ist zweifellos eine konservative Zeitung. Er versucht ferner das zu schreiben, was die Leute in der normalen Presselandschaft nicht zu hören bekommen. Wir wollen Sprachrohr für diejenigen sein, die sich in der normalen Presselandschaft nicht wiederfinden. Inzwischen hat sich selbst die zweitgrößte türkische Tageszeitung Sabah mit dem Wetzlar-Kurier beschäftigt und unseres islamkritischen Kurs attackiert.

Befürchten Sie nicht, als "Rechtsradikaler" abgestempelt zu werden?

IRMER: Das ist das beliebte Totschlagsvokabular der vereinigten Volksfront. Die "Faschismuskeule" erspart das Nachdenken über eigene Positionen. Andersdenkende sollen mit diesem "Argument" von vorneherein mundtot gemacht werden. In der Politik wird mehr Mut benötigt, die Probleme, die die Leute wirklich bewegen, beim Namen zu nennen und dementsprechend zu handeln. Davon werde ich mich auch in Zukunft nicht abbringen lassen.

Hans-Jürgen Irmer ist ehemaliges Mitglied des hessischen Landtages, Ortsvorsitzender der CDU in Wetzlar, Herausgeber des Wetzlar-Kurier und Vorsitzender der "Arbeitsgemeinschaft Christlich-Demokratischer Lehrer" in Hessen


 
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