© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    23/97  30. Mai 1997

 
 
Austro-Barden
Kolumne
von Jürgen Hatzenbichler

Österreichs Musikschaffende wollen marschieren. Es treibt sie auf die Palme, daß der heimische Rundfunk, vor allem der Unterhaltungskanal Ö3, nur Fremdes durch den Äther jagt, während die Liedchen der Austro-Barden nur marginal vertreten sind. Die Aktion gegen die musikalische Überfremdung soll Mitte Juni in einer Großdemonstration der Musikschaffenden gipfeln. Tausende sollen kommen und sich durch die Wiener Innenstadt bewegen, weil "es um die Existenz der heimischen Musiker" gehe, so Peter Paul Skrepek, Obmann der Musiker-Gilde. Auch bei Nationalratspräsident Heinz Fischer ist man schon angetanzt und hat ihm eine Petition überreicht. Hauptagitatoren sind unter anderem Hubert von Goisern, Andy Baum und Christian Kolonovits. Unterstützung erwartet man von Wolfgang Ambros, Georg Danzer, Arik Brauer und vielen anderen.

Wenn es um den Rubel geht, regt man sich auf. Und wenn zu wenig Österreichisches im Radio gespeilt wird, gibt es für die heimischen Künstler keinen Rubel. Denn nicht nur, daß es dann kein Geld von den Sendern gibt, auch der CD-Verkauf ist ein Problem, wenn die heimischen Hadern nicht vom Rundfunk bekannt gemacht werden. Die Forderungen der Künstler sind sehr konkret: Sie wollen nicht mehr von Ö3 boykottiert werden. Ihre Musik soll vom Sender in einem "internationalen Standards entsprechenden Ausmaß" gespielt werden. Deswegen will man, daß das Rundfunkgesetz geändert wird. Wer heimische Musik nicht in einem Mindestausmaß berücksichtigt, dem solle letztendlich die Sendelizenz entzogen werden, fordern die Vertreter der Musiker-Gilde.

Immerhin: Der Anteil heimischer Musik beträgt in Österreich nur 7,5 Prozent. In Großbritannien wird zu 80 Prozent das gespielt, das aus dem eigenen Land kommt, in Frankreich zu 53 Prozent. Sogar in Schweden hört man zu einem Viertel Lieder, die aus Schweden kommen. Nur in Österreich gibt man sich einer Internationalität hin, die die eigenen Musikkünstler verdrängt.

Die negative Entdeckung der Identität ist bezeichnend: Immer wenn es um die Verdrängung durch das Fremde geht, rührt sich Widerstand. Daß der fremde Pop den österreichischen Musikern die Luft zum Leben nimmt, erregt, weil es ums Geld geht. Und wenn die Künstler jetzt mobil machen, dann finden sie plötzlich seltsame Verbündete. Neueste Aktivistin an der Überfremdungsfront: Madeleine Petrovic. Sie ließ dem Ö3-Chef Bogdan Roscic ausrichten, "daß in Zukunft die Einsätze heimischer Künstler nicht mehr so einfach hingenommen" würden.


 
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