© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    23/97  30. Mai 1997

 
 
Ausstellung in Salzburg: Die Leiden der Deutschen Wehrmacht
Schicksal in der Hand des Gegners
von Walter Marinovic

Quer durch Deutschland und Österreich zieht die Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht". Quer durch Österreich und Deutschland regt sich immer heftiger der Widerstand. Trotzdem wird die Ausstellung im Herbst in Graz stattfinden. Trotzdem tritt FP/EU-Mandatar Sichrovsky dafür ein, die Soldatenbeschimpfungsschau in Graz zur ständigen Einrichtung zu machen. Proteste, wie man sieht, sind zuwenig. Man muß agieren statt reagieren. Der Videofilm von Walther Groß "Gefangenschaft und Einkehr", das Buch "Mit sechzehn Jahren" von Walter Marinovic und manche andere zeigen ohne Haß auf, daß auch wir im Krieg und nach dem Krieg gelitten haben.

Ohne Haß und objektiv ausgewogen zeigt nun eine Ausstellung in Salzburg, was es bedeutet, kriegsgefangen zu sein: "Schicksal in der Hand des Gegners". Militärhistoriker haben diese Schau grundlegend anders gestaltet, als es die Ehrabschneider der deutschen Soldaten getan haben. Sie umfaßt nicht nur den Zweiten Weltkrieg, sondern auch den Ersten. Sie zeigt neben dem Elend der Deutschen und der Österreicher in alliierter Gefangenschaft auch das Los der alliierten Soldaten als Kriegsgefangene in Deutschland. Sie beklebt nicht die Wände wahllos mit Fotos zweifelhafter Herkunft, sondern sie ist ebenso wissenschaftlich exakt wie optisch ansprechend. Beim Eintritt beherrscht unseren Blick ein Wachtturm mit Soldaten in der Uniform des Zaren. Ihm gegenüber steht eine Pritsche mit deutschen "Prisoners of War". In Vitrinen sind Erinnerungsstücke an Burghard Breitner, den Militärarzt und "Engel von Sibirien", aber auch Briefe und Tagebücher der über Deutschland abgeschossenen Piloten aus den USA.

Einen großen Teil der Ausstellung bilden die Bilder und Kleinskulpturen von Brigadier i. R. Walther Groß. Er hat mehr als acht Jahre sowjetischer Gefangenschaft erlitten. und in seinen Kunstwerken ergreifend bewältigt. Dargestellt hat er nicht nur das Leid seiner Kameraden durch Hunger, Frost und Zwangsarbeit, sondern auch das Los der russischen Frauen und Männer, die unter Stalin nicht weniger bedauernswert waren. In seinem Festvortrag zeigte Walther Groß auf, daß jeder Mensch, dem man die Freiheit raubt, ein armer Teufel ist. Das muß aber auch für jene gelten, die besiegt worden sind. Ähnlich äußerte sich ÖVP-Landeshauptmann Schausberger, der den für einen Politiker bemerkenswerten Mut hatte, die Ausstellung zu eröffnen. Vielleicht nimmt sich Herr Sichrovsky ein Beispiel daran und fordert demnächst, daß auch die Ausstellung "Schicksal in der Hand des Gegners" zu einer Dauereinrichtung wird. Sie könnte unseren Kindern zeigen, wie es wirklich war.

Schwarzenberg-Kaserne, Salzburg-Wals, nahe der Autobahn, bis 13. Juni 1997, tel. Voranmeldung 0662/85988/20521


 
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