© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    24/97  05. Juni 1997

 
 
Enteignungsopfer: Zahlreiche Aktivitäten geplant
Vor einem heißen Juni
von Kristof Berking

Den Bonner Politikern steht ein heißer Juni bevor. Nicht nur, daß sich der bürgerliche Widerstand gegen eine Europäische Währungsunion formiert, auch bei den Gegnern der Sanktionierung der SBZ/DDR-Enteignungen durch die Bundesrepublik scheint ein Synergieeffekt aufzukommen. Die zahlreichen Gruppen, Zusammenschlüsse und Einzelkämpfer tauschen sich zunehmend aus – inzwischen auch im Internet – und koordinieren ihre Aktivitäten, die auch immer häufiger von der Presse wahrgenommen werden.

Am 11. Juni 1997 um 12.30 Uhr findet in Bonn, Treffpunkt Ecke Walter-Flex-Straße/Friedrich-Ebert-Allee ein vom "Göttinger Kreis – Studenten für den Rechtsstaat e.V." organisierter Mahnmarsch statt zum Bundeskanzlerplatz, wo um 13.00 in einer "Mahnansprache" die Forderungen der Studenten verlesen werden. Der Göttinger Kreis hatte bereits im Dezember vergangenen Jahres unter dem Stresemannschen Motto "Recht steht vor Politik und niemals umgekehrt" mehrere Tage mit einem Mahnpavillon im Bonner Regierungsviertel gegen die Aushöhlung des Rechtsstaates durch den Verkauf des von den Kommunisten Enteigneten Gutes durch die Bundesrepublik demonstriert (die Junge Freiheit 51/96 berichtete). Die damalige Resolution der Studenten unterschrieben auch Justizminister Edzard Schmidt-Jortzig, Ex-Postminister Christian Schwarz-Schilling und der Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestages, Horst Eylmann. Für den 11. Juni sind nun Ansprachen angekündigt von dem Hamburger CDU-Mitglied Heiko Peters, der durch seine Anzeigenreihe gegen die Regierungspolitik in der Enteignungsfrage erhebliches Aufsehen erregt hat, sowie von Professoren, Politikern und einem ausländischen Vertreter der Enteigneten. Kontakt: Sven von Storch, Bertheaustraße 29a, 37075 Göttingen, Fax: 0551 / 37 71 80.

Am 14. Juni 1997 findet ab 10.30 Uhr in Hohenroda bei Bad Hersfeld (Hessen Hotelpark Hohenroda, Schwarzengrund 9) eine von der "Hilfsorganisation für die Opfer der stalinistischen Bodenreform" organisierte Veranstaltung statt. Um 11.00 Uhr spricht der bekannte Journalist Gerhard Löwenthal über "Die Auswirkung des Kommunismus–Sozialismus nach der Wiedervereinigung auf die Politik der Bundesregierung". Kontaktadresse der HIOB: Christian Schmidt-Prestin, Am Großen Geeren 31/33, 27721 Ritterhude, Fax 04 292 / 99 550.
Am 18. Juni um 19.00 Uhr spricht Albrecht Graf von Schlieffen zum Thema "Enteignungen 45/49 und der Rechtsstaat" im Hörsaal 131 der Universität Passau.
Für den 29. Juni wird zu einem Treffen aller in der Enteignungsfrage engagierter Verbände und Persönlichkeiten in Kassel aufgerufen zwecks koordinierung der Öffentlichkeitsarbeit. Kontakt: Heinz Ehrhardt, Bahnhofstraße 1, 97256 Geroldshausen, Fax: 093 66 / 71 41.

Weitere Termine veröffentlicht die "Interessengemeinschaft der in der Zone enteigneten Betriebe e.V." in ihrem neuesten Rundbrief, der auch eine aktuelle Presseschau und Gesetzestexte zur Enteignungsfrage enthält. Kontaktadresse der IOB: Dr. Fritz Rosenberger, Rhodiusstraße 18, 51065 Köln, Fax: 0221 / 61 95 19.
Der Hamburger Kaufmann und "CDU-Rebell" Heiko Peters, der selbst von den Enteignungen nicht betroffen ist, wird seine Anzeigenserie fortsetzen – auch im Ausland. Vorgesehen sind zunächst Anzeigen in den beiden großen französischen Tageszeitungen Le Monde und Le Figaro am 9. und am16. Juni.

Angekündigt ist auch ein Buch "Wiedergutmachungverbot? – Die Enteignungen in der ehemaligen SBZ zwischen 1945 und 1949", herausgegeben von Bruno J. Sobotka. Es handelt sich dabei um eine Zusammenstellung von über 100 der wichtigsten seit 1992 zu dem Thema erschienen Artikel, Erklärungen und Stellungnahmen aller beteiligten Seiten von Bundespräsident Roman Herzog und Kanzleramtsminister Friedrich Bohl bis zu Albrecht Graf von Schlieffen und Albrecht Wendenburg, der vor dem Bundesverfassungsgericht Beschwerde führte. In einem Dutzend weiterer Beiträge werden Beispiele der Enteignungen und Vertreibungen geschildet. Dem Buch werden die relevanten Gesetzestexte, Vertrags- und Protokollauszüge beigegeben. Besonderes Aufsehen dürfte die von dem FAZ-Redakteur Klaus Peter Krause chronologisch zusammengestellte "Kette von Beweisen" erregen, die die Behauptung der Bundesregierung widerlegt, daß die Nichtrückgängigmachung der SBZ-Enteignungen eine Bedingung der Sowjetunion für die Zustimmung zur Wiedervereinigung gewesen sei.

Auch Udo Madaus, der zur Aufdeckung der Falschheit der Behauptung der Regierung entscheidend beigetragen hat, läßt nicht locker. Er hat gerade erneut in einem längeren Schreiben alle Bundestagsabgeordneten aufgefordert, das Unrecht angemessen zu bereinigen.


 
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