© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    24/97  05. Juni 1997

 
 
Dokumentation: "Apell von Borken" - Resolution des 1. Bundeskongresses der Arbeitsgemeinschaft Recht und Eigentum (ARE)
"Greifen Sie ein gegen die Begünstigung der alten Nomenklatura"

Am 25. Mai 1997 hat die Arbeitsgemeinschaft Recht und Eigentum e.V. (ARE) auf ihrem ersten Bundeskongreß in Borken bei Kassel folgende Resolution – "Appell von Borken" – verabschiedet:

"Die in Borken/Hessen versammelten Mitglieder und Gäste, Betroffene, Geschädigte und für den deutschen Rechtsstaat engagierten Bürger - vereinigt in der ARE, dem Zusammenschluß von Verbänden, Opfern und Entrechteten der kommunistischen Gewaltherrschaft - richten zum Abschluß des 1. Bundeskongresses ihres Zusammenschlusses folgenden eindringlichen Appell an die politisch Verantwortlichen, an die demokratischen Gewalten der Legislative, der Exekutive, der Judikative sowie an die Medien gemäß deren Aufgabe zur Wachsamkeit und Kontrolle im freiheitlich demokratischen System.

A. Beenden sie so schnell wie möglich die Ungleichbehandlung, die Rechtsausgrenzung und die Brüskierung Hunderttausender von Betroffenen aus Verfolgungs-, Unrechts- und Willkürmaßnahmen des SED/DDR-Regimes! Beseitigen Sie das geschaffene Unrecht! Reißen Sie die neu geschaffenen Mauern ein, um die innere Einheit zu gestalten!

B. Leisten Sie tatkräftige Beiträge zur Annäherung an den Rechtsfrieden und die Gerechtigkeit, indem sie in allen Fällen politisch zur Zeit nicht durchsetzbarer Lösungen eine Einzelfallprüfung der Schicksale und Fälle durch neutrale regionale Kommissionen bewirken!

C. Wehren Sie dem Wiederaufleben alter Strukturen im neuen Gewand in den jungen Ländern! Greifen sie ein gegen die Entwicklung zu Korruption und mafiosen Zuständen in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft, die durch die Begünstigung der alten Nomenklatura verstärkt worden ist!

D. Sorgen Sie dafür, daß der schleichende Abbau des Rückgaberechts beendet und nicht willkürlich Gruppen von Enteignungsgeschädigten von der Reprivatisierung ausgenommen werden! Sorgen Sie dafür, daß der Gleichbehandlung und dem Rechtsstaat - und damit auch dem wirtschaftlichen Aufbau - mehr Gewicht zukommt als kurzfristigen fiskalischen Interessen!

E. Beseitigen Sie die unverantwortlichen Hemmnisse für die dringenden Investitionen in den jungen Ländern! Im Zeichen dringender Reformen und knapper Mittel der öffentlichen Hand darf die Investitionsbereitschaft der Eigentümer für den Aufbau Ost nicht länger im Interesse des ganzen Landes abgeblockt werden.
Im einzelnen appellieren wir an alle Verantwortlichen, folgende sofort durchsetzbaren Schritte einzuleiten.

1. Die Opfer politischer Verfolgung durch die kommunistische Gewaltherrschaft müssen den Opfern nationalsozialistischer Verfolgung im Hinblick auf ihre Wiedergutmachung und Entschädigung gleichgestellt werden.

2. Eine Verjährung der Verbrechen und Vergehen des untergegangenen Regimes zum 31.12.97 darf nicht erfolgen zumal zahllose Unterlagen zur Ermittlung und Urteilsfindung noch nicht ausgewertet werden konnten. Die üblichen Verjährungsfristen dürfen daher in diesem Fall nicht zum Schlupfloch der Täter werden.

3. In Anbetracht der Dimension der Gefährdung des Rechtsstaats wird die Berufung eines »Bundesbeauftragten für Rechtssicherheit und Aufklärung« nach Art des Wehrbeauftragten gefordert.

4. Für die dringenden Aufgaben in den neuen Ländern müssen wirksamere personelle und administrative Lösungen geschaffen werden. Als Konsequenz müssen z.B. die Staatsanwaltschaften verstärkt und die Kontrolle des Milliardentransfers von Steuergeldern und Subventionen nachhaltig verstärkt werden.

Ein sofortiges Anpacken dieser Aufgaben würde einen beträchtlichen Schub für den Aufbau Ost auslösen.Verantwortliche und Öffentlichkeit werden dringend aufgefordert, SBZ/DDR-Unrecht jetzt aufzuarbeiten, dem neuen Unrecht Einhalt zu gebieten und konsequent an der Gestaltung der inneren Einheit Deutschlands mitzuwirken."

Die ARE wurde 1996 gegründet und unterhält Aktionsgruppen in Berlin, Bonn, Dresden, Hamburg, München, Recklinghausen und Stuttgart. Die Hauptgeschäftsstelle ist in Bonn: ARE, Konstantinstraße 76, 53179 Bonn, Tel./Fax 0228 / 33 18 28, Internet: http://are.org. Vorsitzender der ARE ist Dr. Werner König. Zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit ist der stellvertretende Vorsitzende Manfred Graf von Schwerin. Eine Broschüre mit den auf dem ARE-Bundeskongreß gehaltenen Reden, u.a. von Professor Wolfgang Seiffert (Uni Kiel; Moskau), Professor Dieter Voigt (Uni Bochum) und Heiko Peters, ist in Vorbereitung.


 
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