© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    24/97  05. Juni 1997

 
 
Zeitschriftenkritik: "National Review"
Jenseits von McCarthy
von Hans B. von Sothen

Antikommunismus, das war gleich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in den USA etwas Unerhörtes, Diabolisches. Noch war die Sowjetunion der unerschütterliche Verbündete in einem blutigen Kreuzzug gegen die Nazis. Und Stalin, der gute Uncle Joe, stand für einen prinzipiell guten Antifaschismus. Erst nach und nach begann man sich darüber klar zu werden, wie weit sich Kommunisten während der Roosevelt-Ära in allen maßgeblichen Bereichen der amerikanischen Politik und Kultur festgesetzt hatten, die in Wahrheit dem politischenen System der USA den Kampf bis aufs Messer angesagt hatten.

Ein Umschwung erfolgte seit 1950 unter Senator Joseph McCarthy, der allerdings bei seinen Auftritten bald entschieden über das Ziel hinausschoß. Seine Methoden wurden auch unter Amerikas Konservativen und Rechten spätestens 1952 als für ein freies Land unwürdig angesehen. Selbst Präsident Truman distanzierte sich vom McCarthyismus. Seit etwa 1953 begann daher die Linke erneut hoffähig zu werden. Der Konservatismus schien in den USA erneut total diskreditiert.
Gegen diesen Rückfall wandte sich William F. Buckley jr. Geboren 1925, war er bereits früh Antikommunist. Sein Vater erlebte als amerikanischer Geschäftsmann und bekennender Katholik die mexikanische Revolution von 1911 mit, die ihn noch vor der bolschewistischen Revolution von 1917 zu einem Gegner aller links-revolutionärer Politik machte. Der junge Buckley sah die amerikanische publizistische Landschaft des Jahres 1955 in desolatem Zustand: Die beiden alten antikommunistisch-isolationistischen Journale, der libertäre The Freeman und The American Mercury, waren für ihn unakzeptabel. Der Mercury insbesondere, seit er unter seinem neuen Herausgeber, Russell Maguire, eine antisemitische Linie einzuschlagen begann. Er gründete seine eigene Zeitung im Jahre 1955. Texanische Ölmillionäre und der befreundete J. Edgar Hoover, die er zunächst als Finanziers anging, wollten aber lediglich alte Rechnungen mit McCarthy-Gegnern publizistisch begleichen.

Das war nicht das, was Buckley wollte. Er wollte eine moderne, verantwortliche, verständliche und schlagkräftige konservative Zeitung, die nicht nur die Schlachten von gestern schlug. So wandte er sich an Gönner in Hollywood. Dort hatte sich in einem überwiegend linken Klima eine konservative Gegenstruktur in der Filmproduktion gebildet. Hier fand Buckley offene Ohren. Er rekrutierte William S. Schlamm, der seit 1972 als Leiter der Zeitbühne im deutschsprachigen Raum bekannt wurde. Überhaupt haben Konservative aus dem deutschen Kulturraum bei der Gründung der National Review eine bedeutende Rolle gespielt. Zu seinen Autoren gehörten von Anfang an auch Erik von Kuehnelt-Leddihn, Thomas Molnar, Gerhart Niemeyer und der Kulturphilosoph Wilhelm Röpke.

Heute ist die National Review mit etwa 200.000 verkauften Exemplaren die größte konservative Zeitschrift der Vereinigten Staaten. An ihr führt heute in Amerikas Öffentlichkeit kein Weg vorbei.

"National Review", P.O. Box 668, Mount Morris, IL 61054-0668, USA. Erscheint 14tägig, Abo: US $ 68,50 pro Jahr.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen