© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    24/97  05. Juni 1997

 
 
Links-links
Kolumne
von Andreas Mölzer

Es sei ein "Triumph der Linken" ge-wesen, hieß es in der ersten Berichterstattung zur französischen Parlamentswahl. Mehr als 40 Prozent hätte das Linksbündnis an Wählerstimmen eingefahren, die "Konservativen" nur schwache 37 Prozent. Der "rechtsradikale" LePen, immerhin ganze 15 Prozent. Bei näherem Hinschauen kam man dann allerdings ins Nachdenken. Dieses Linksbündnis besteht aus Sozialisten, Grünen und Kommunisten. Die "Konservativen", das sind Rechtsliberale und Neo-Gaullisten. Warum auf der einen Seite Linksaußen-Bewegungen wie die Kommunisten bündnisfähig sind und damit zu einem Wahlsieg beitragen können, auf der anderen Seite Rechtsaußen-Kräfte wie der Front National ausgegrenzt bleiben, ist einigermaßen rätselhaft. Insgesamt hätten die Rechtsparteien, "Konservative" und Front National, weit mehr als 50 Prozent und damit die Mehrheit.

In diesem Zusammenhang hat die scheidende US-Botschafterin in Österreich, Swanee Hunt, in einem Interview etwas Interessantes gesagt (Profil 22/97): Befragt über ihre Beurteilung des Oppositionsführers Jörg Haider meinte sie zuerst "Er ist ein extrem talentierter Politiker und sehr american style. Von allen Politikern, die ich in Österreich traf, gleicht Haider am meisten einem amerikanischen Politiker…" und weiter auf die Frage, wo denn Jörg Haider im amerikanischen Polit-Spektrum stünde: "Rechts von der Mitte, aber nicht weit rechts. Bei uns liegt das Zentrum woanders als hier in Österreich".

Da hören wir es also. Der böse "Rechtspopulist" und angebliche "geistige Ziehvater des rechtsextremen Terrors" wäre in Amerika so etwas wie ein gemäßigter Mitte-Rechts-Politiker – und damit selbstverständlich bündnisfähig. Er, der geradezu als europäisches Musterbeispiel für rechtsextremen Populismus ausgegrenzt wird, könnte sich jenseits des Großen Teiches also auf der Seite von rechten Demokraten und Republikanern wiederfinden. Buchanan oder Ross Perrot stünden wahrscheinlich wesentlich weiter rechts.

Die Wanderung der politischen Mittelachse nach links, die diese Veränderung der politischen Optik in Österreich bewirkt, scheint aber ein gesamteuropäisches Phänomen zu sein, trifft sie doch offensichtlich auch auf Frankreich zu. Je weiter diese Mittelachse links steht, je weiter die Mehrheit der politischen Beobachter, Kommentatoren und Meinungsmacher links steht, desto schneller ist jemand, der rechts der Mitte steht, "rechtsextrem" oder gleich "rechtsradikal".


 
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