© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    25/97  13. Juni 1997

 
 
Briefbomben: Karussel aus Verdächtigen, Aufdeckern und Ermittlern
"Bajuwaren"-Vorführung
von Jürgen Hatzenbichler

Der profil-Journalist ist sich offenbar sicher, daß er haarscharf an der Bajuwarischen Befreiungsarmee (BBA) dran ist. Die Justiz aber läßt sich Zeit, die ermittelnden Behörden bekamen keinen Haftbefehl. Die verdächtigen Mitspieler wiederum sind jedem Österreicher aus den Medien inzwischen bestens bekannt. Der Rummel um den Briefbombenterrorismus setzt sich fort.
Im Fadenkreuz der Öffentlichkeit befinden sich einstweilen drei Personen: ein Linksextremist, ein angeblicher Rechtsextremist und ein Sonderling mit besonderem Faible für Obrigkeitswidrigkeit.
Der erste in diesem sonderbaren Reigen, Klaus Kufner, dürfte dafür verantwortlich sein, daß die Ermittlungen der Einsatzgruppe zur Bekämpfung des Terrorismus (EBT) und der Briefbomben-Sonderkommission sich jahrelang im Kreis gedreht haben. Erst als Kufner bei der EBT vom Heeresnachrichtendienst als „Nachrichtenschwindler" geoutet wurde, leisteten die Behörden dem Linksextremisten keine Handlangerdienste mehr. Trotzdem bleibt Kufner eine schillernde Figur, die mit so bekannten Antifa-Autoren wie Wolfgang Purtscheller und Hans-Henning Scharsach zusammengearbeitet hat. Jetzt vermutet man, daß er irgendwie im BBA-Reigen dabei sein soll.

Weiters von den Medien immer wieder in den Dunstkreis der Verdächtigten gerückt: Günter Rehak, Ministerialbeamter im Bundeskanzleramt. Zwei Sprachgutachten sollen für, zwei gegen Rehak sprechen. Obendrein tauchten Gerüchte auf, daß Rehak, der sich vom Linken zum Rechten gewandelt hat, für den sowjetischen Geheimdienst KGB gearbeitet hat. Der Ministeriale tut diese Vorwürfe als „Blödsinn" ab. Rehak selbst glaubt, daß linke Kreise hinter dem BBA-Terrorismus stecken.

Hauptverdächtiger ist der 62jährige Ingenieur Gerhart Pawlikowsky, pensionierter Computerfachmann und passionierter Streiter wider jeden Lauschangriff. Mit ziemlicher Sicherheit sind ihm die letzten zwei Bekennerschreiben, die unter dem Briefkopf der Bajuwaren erschienen sind, zuzuordnen. Bloß: Die zwei Schreiben gelten als nicht authentisch. Sie unterscheiden sich deutlich von den anderen BBA-Bekennerbriefen, sie unterscheiden sich allerdings nicht von diversen schriftlichen Unterlagen des rührigen Pensionisten.

Der Ablauf der ganzen Geschichte entbehrt nicht völliger Skurrilität: Einerseits dreht es sich um einen Vaterrechtsverein, in dem ein „Aufdecker" (Gebhard F.), der verdächtigte Ingenieur, Rehak und auch Briefbombenprozeß-Richter Fischer waren. Weil er ihn kennt, hält Rehak den mitverdächtigen Pawlikowsky auch „zu allem fähig". Kufner wiederum war mehr als gut bekannt mit dieser Person, gemeinsam bedrohten sie den „BBA-Aussteiger" F.

Nun geht das theaterreife Verwirrspiel um die vermeintlichen Bajuwaren weiter. Kernfrage: Wer ist für welche Bekennerbriefe verantwortlich und welche sind überhaupt echt? Erst wenn das geklärt ist, ist man (vielleicht) einen Schritt weitergekommen. Im Zweifelsfall war der ganze Kulissenlärm für einen Trittbrettfahrer mit wirrem Umfeld ziemlich laut.


 
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