© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    25/97  13. Juni 1997

 
 
DSU: Bundesvorsitzender Roberto Rink über sein Verhältnis zum BFB, Republikanern und zur PDS
"Wir brauchen eine Revolution"
Interview mit Roberto Rink
Fragen: Dieter Stein

Herr Rink, wie erklären Sie sich, daß bis auf die DSU, alle Wendezeitgründungen der Parteien verschwunden sind?

RINK: Daran sieht man eben, daß die Mitglieder der DSU eigentlich die wirklichen Patrioten der Wende waren. Wir waren die, die mit Herz für die Einheit Deutschlands gekämpft haben. Die anderen Gründungen waren doch mehr oder weniger aus linksbürgerlichen oder linksintellektuellen Kreisen hervorgegangen: Parteien, wie das Neue Forum, der Demokratische Aufbruch, den die CDU einverleibt hat, sind Beispiele hierfür. Wir sind die Pioniere, die hier vierzig Jahre im Schatten existieren mußten. Wir haben unter uns einige Mitglieder, die im Gefängnis waren, die die Probleme des Staates der ehemaligen DDR kennengelernt haben. Diese Leute sind bis heute in der DSU verankert. Wir sind 1990 deshalb auch nicht in die CDU gegangen, sondern haben uns an die CSU gewandt. Die CDU war eine Blockpartei.

Sie haben in den letzten Jahren aber einen starken Mitgliederverlust hinzunehmen.

RINK: Das würde ich so nicht sagen. Schauen Sie: 1989/90 haben sich 15 bis 20.000 Mitglieder eingetragen. Damals ging es um die deutsche Einheit und die D-Mark. Diese beiden Sachen haben wir erreicht. Und jetzt muß der Partei mit einem Programm Profil gegeben werden und dies muß erst einmal erarbeitet werden. Dazu bedarf es Fleiß und Ausdauer. Und da bleiben natürlich dann nur die Leute übrig, die auch wirklich über die deutsche Einheit hinaus weitergedacht haben, die in der Vollendung der Einheit die nationale und soziale Aufgabe gesehen haben.

Trotzdem ist die Ausdehnung auf eine Bundespartei bisher nicht gelungen. Praktisch stützen Sie sich auf die drei mitteldeutschen Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

RINK: Man muß dazu wissen, daß nicht die Ausweitung der Grund war, warum wir uns von der CSU getrennt haben. Die Trennung von der CSU war in diesem Fall mit diesem Schritt vollzogen worden. Der Grund war, daß die CSU uns ein Verbot aufdiktiert hat: Wir hätten nur in den neuen Bundesländern zu wirken. Das heißt, wir haben auch keine Kontakte zu anderen Gruppierungen und Personen als Freunde zu suchen. So ein Verbot kann man nicht, wenn man die Mauen zwischen Ost und West gebrochen hat, einfach im Raum stehenlassen. Mit diesem Verbot konnten wir nicht leben; wir können nicht fremdgesteuert von der CSU eigene Politik machen. Wir mußten uns also trennen. Wir würden ja heute sonst auf der Seite von Herrn Waigel und Herrn Seehofer stehen. Diese stehen stellvertretend für den Sozialabbau des Staates und die CSU als Partner Kohls auch für die Einführung des Euro. All dies läßt sich aber mit unserer gesunden nationalen und soziale Einstellung nicht vereinbaren.

Die DSU wollte gemeinsam mit dem Bund Freier Bürger und der Deutschen Partei eine Wahlplattform zur Bundestagswahl bilden. Mit der Entscheidung des BFB anzutreten ist das wohl nun hinfällig?

RINK: Ganz zerschlagen hat sich die Bündnisarbeit noch nicht, aber das, was einmal angedacht war, ist nun natürlich in weite Ferne gerückt. Grund dafür ist, daß der BFB noch Wahlkampfkostenrückerstattung bekommt. Und diese natürlich nur bekommmt, wenn er eigenständig und unter seinem Namen weiterbesteht. Nun muß man sich eben unterhalten, wo und zu welchen Wahlen wer antritt. Es muß sich jede kleine Partei überlegen, ob sie überhaupt alleine antritt. Herr Brunner weiß zum Beispiel genau, daß er hier in Sachsen keine zehn Mann auf die Listen bringt. Er braucht also einen Partner. Genauso wie wir, wenn wir den Anspruch erheben würden, in den alten Bundesländern zur Wahl anzutreten, einen Partner bräuchten.
Die DSU hat aber doch – gegen ihren Willen – eine Beteiligung an der Bundestagswahl beschlossen…

RINK: …aber mit einer Anmerkung, nämlich, daß der Bundesvorstand ein Konzept und eine Strategie vorlegen wird. Und das wird dann erst noch einmal geprüft. Diese Anmerkung ist das Entscheidende.

Sie stehen der Teilnahme kritisch gegenüber?

RINK: Selbstverständlich. Ich kann die Partei in einem Bundestagswahlkampf nicht verheizen. Wir haben einige weiße Flecken, wo noch keinerlei Parteistukturen existieren. So etwas funktioniert nicht! Die Stukturen, die Mittel, die wir haben, reichen nicht aus, um anzutreten. Wir könnten nur in fünf oder sechs Bundesländern antreten und könnten dabei nur 14 bis 15 von 80 Millionen Bundesbürger ansprechen. Das funktioniert nicht. Wir müssen die Kirche im Dorf lassen.

Wen würden Sie denn unterstützen?

RINK: Es muß noch geklärt werden, in welchem Bündnis wir zukünftig gemeinsam arbeiten. Aber wenn wir etwas für das Land erreichen wollen, ist eine Zusammenarbeit mit ähnlich gesinnten Gruppierungen und Parteien mit Sicherheit notwendig.

Wie erklären Sie sich, daß die PDS mittlerweile ifast schon nationale Töne von sich gibt, zum Beispiel in der Frage des Euro? Chefdenker André Brie referiert bei Burschenschaften über die Nation. Ist das eine neue Entwicklung?

RINK: Nein. Es ist abzusehen gewesen, daß die PDS so strategisch arbeitet. Außerdem haben sie auch die finanziellen und personellen Mittel, hier richtige Oppositionsarbeit zu machen. Auf kommunaler Ebene, wenn es um soziale Belange geht, stimmen wir des öfteren mit der PDS überein. Aber trotzdem gibt es einen gewaltigen Unterschied. Die PDS erhebt einen internationalen, wir einen nationalen und sozialen Anspruch.

Also mit einer plakativen Ablehnung – Stichwort: Rote Socken – ist es bei der PDS nicht getan?

RINK: Ganz und gar nicht. Aber trotzdem kann es keine Zusammenarbeit auf Parteiebene geben, nur – wie beschrieben – auf unterer Ebene, von Mensch zu Mensch. Die PDS ist eine eindeutig international ausgerichtete Partei…

…wie die CDU?

RINK: Stimmt, die CDU ist ebenfalls eine international ausgerichtete Partei, mit der wir zur Zeit nicht zusammenarbeiten können. Wenn es hier in den kommunalen Vertretungen um soziale Belange geht, da trifft man eher auf PDS-Abgeordnete mit der gleichen Meinung. In dieser Partei findet man oft ehrlichere Leute als die CDU-Ja-Sager. Trotzdem werde mich nicht mit der PDS-Ideologie an einen Tisch setzen. Aber weil diese Partei die einzige Oppositionspartei bleiben will, nehmen sie Themen wie die Abschaffung der D-Mark in ihre Programmatik auf.

Brauchen die Mitteldeutschen auch weiterhin eine eigenständige Vertretung?

RINK: Vom Ansatz her ja, aber die zukünftigen Probleme sind gesamtdeutsche Probleme.

Gibt es Punkte bei der DSU, die von den eher westlich verankerten konservativen Parteien weniger vertreten werden?

RINK: Die größten Unterschiede gibt es wohl in der sozialen Frage. Uns geht es darum, die soziale Frage in Einklang mit der nationalen Frage zu bringen. Das ist beispielsweise beim BFB eher nicht gegeben. Dort herrscht tendenziell ein Besitzstandsdenken vor, das mit den Grundsätzen der DSU weniger in Einklang zu bringen ist.

Sehen Sie in dieser Frage eine größere Nähe zu den Republikanern?

RINK: Die Verbindung der nationalen und der sozialen Frage sehe ich bei den Republikanern besser gegeben. – Aber wenn wir hier in Deutschland etwas verändern wollen, dann müssen wir über eine breite Organisationsstruktur verfügen, wir müssen bestimmte Parteien an einen Tisch bringen. Wir brauchen in Deutschland eine wertkonservative und revolutionäre Änderung. Wir brauchen revolutionäre Zustände. Nur so kann das gegenwärtige System gewaltig verändert werden. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer werden.

Auch in dieser Frage gibt es also Übereinstimmungen mit der PDS?

RINK: Ich muß aber deswegen nicht mit der PDS zusammenarbeiten…


 
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