Justiz: FPÖ-Landesrat Schimanek über die politisch
motivierte Rechtsprechung in Österreich
"Geheimdienstlicher Hintergrund"
Gespräch mit Hans Jörg Schimanek; geführt von Andreas MölzerHerr
Landesrat Schimanek, Sie waren ein überaus populärer Journalist. Seit einigen Jahren
sind Sie ein populärer und bürgernaher Politiker der Freiheitlichen in Österreichs
größtem Bundesland. Was ist denn das Geheimnis volksnaher Politik in unseren Tagen?
Schimanek: Mit geht es ausschließlich darum, den Menschen dienlich zu
sein. Das liegt einem im Blut, und wenn man einmal den Erfolg kennengelernt hat, und das
Gefühl, wie es ist, Leuten helfen zu können und sieht, was man damit auslöst, dann
macht man sich damit ja selbst die größte Freude.
Nun hat die etablierte politische Kaste in diesem Land eher eine Freude an ihren
nach wie vor existenten Privilegien und weniger daran, den Bürger zufrieden zu stellen.
Sehen Sie in einer Abkehr von dieser Form der Politik das eigentliche Geheimnis des
freiheitlichen Erfolges?
Schimanek: Ich glaube ja. Speziell seit wir diese 60.000
Schilling-Einkommensgrenzenregelung ins Leben gerufen haben, gibt es einen ungeheuren
Zuspruch der Bevölkerung. Auch von Nichtparteianhängern und Freunden, und wir werden
sogar von roten und schwarzen Parteigängern bestärkt, daß dieser Weg richtig ist. Ich
glaube ganz einfach, wenn in der heutigen Zeit ein Mindestrentner mit 7.000 oder 8.000
Schilling monatlich auskommen muß, daß man es den Politikern dann einfach nicht
gestatten darf, sich schamlos selbst zu bedienen.
Nun ist Ihr Bundesland Niederösterreich ein Land, in dem eine gewisse
Obrigkeitsherrlichkeit aufgrund der historischen Entwicklung gegeben ist, weil das ja ein
Land war, in dem sehr lange die Leibeigenschaft gegolten hat. Wie sehen Sie die
Möglichkeit, diesen Menschen zu einem neuen Selbstbewußtsein zu verhelfen?
Schimanek: Ich bin wirklich täglich unterwegs, auch speziell, in den
Grenzregionen, in der Buckligen Welt, im Mostviertel, wo die Leute wirklich noch deutlich
Abhängigkeitsverhältnisse spüren. Auch von ihren Bürgermeistern etc. und natürlich
von den sogenannten ganz großen Politikern. Meine Belehrungen an diese Leute lauten immer
wieder: "Stehen Sie gerade, zeigen Sie Rückgrat, gehen Sie nicht gebückt durchs
Leben. Denn Sie, die Bürger, sind es, die uns Politiker sozusagen als Angestellte
bestellt haben. Wir Politiker haben den Menschen zu dienen, aber nicht umgekehrt."
Jeder Mensch muß Rückgrat bewahren, und ich fordere die Leute immer wieder auf, dieses
Rückgrat auch zu zeigen. Sie haben keinen Grund, gebückt zu gehen. Sie brauchen vor dem
Politiker nicht in die Knie zu gehen, sondern sie sind es, die die Politiker praktisch
bestellt und daher auch ein Recht haben, von diesen Leuten entprechend behandelt zu
werden.
Eine spezifisch österreichische Tradition ist es, daß die Justiz zu politischen
Zwecken eingesetzt wurde, man denke an die Ära Metternichs. Wie sehen Sie denn jene
Erscheinungen, vor denen wir heute auch immer wieder stehen, daß es politische Prozesse
gibt mit deutlich politisch motivierten Urteilen?
Schimanek: Sie sprechen hier wahrscheinlich die Sache mit meinem Sohn an.
Ich darf Ihnen ganz offen sagen: Könnte ich meinen Eintritt als Regierungsmitglied für
die Freiheitlichen rückgängig machen, ich würde es lieber heute als morgen tun, nicht
weil mir der Job nicht gefällt, sondern weil ich überzeugt davon bin, daß mein Sohn
einen Großteil seiner Strafe deswegen bekommen hat, weil ich für die Freiheitlichen
tätig bin. Die Art, wie man gegen meinen Sohn Prozeß geführt hat, die ganze
Vorgangsweise der Justiz erscheint mir geradezu ungeheuerlich, wenn man jetzt im
nachhinein weiß, daß zwei wirklich massiv voreingenommene Geschworene Recht sprechen
konnten, dann ist für mich der Glaube an diese Justiz sehr, sehr erschüttert. Ich werde
jedenfalls alles dazu tun, damit dieses Urteil und auch das Folgeurteil, das natürlich im
Ersturteil seine Basis hat, repariert wird. Ich bin auch überzeugt davon, daß der Herr
Bundesminister Michalek angesichts der Fakten, die er jetzt auf dem Tisch hat,
entsprechend handeln wird. Es kann nicht angehen, daß man jemandem Geschworene
hineinsetzt, die wirklich massiv befangen sind und dann emotional urteilen.
Verstehen wir Sie richtig, daß diese Urteile, die auf der Basis des Gesetzes gegen
nationalsozialistische Wiederbetätigung getätigt wurden, daß diese auch deswegen so
hart ausfielen, weil es indirket darum ging, tagespolitisch einem freiheitlichen
Herausforderer zu schaden?
Schimanek: Natürlich, man hat in der Zeit als dieses Urteil gefällt
wurde, natürlich den Aufwind der Freiheitlichen massiv bekämpft, man hat versucht die
Freiheitlichen an den rechtsextremen Rand zu rücken. Sie wissen sicher, daß in
Protokollen der Grünen sogar die Vorgaben enthalten waren, die Freiheitlichen so weit
nach rechts zu rücken und in die Bombenszene zu integrieren, daß es bis zu einem Verbot
der Freiheitlichen im Parlament kommen sollte. Nun ist es so, daß gerade in dieser von
Ihnen angesprochenen Briefbombenaffäre die Ermittlungen und Ergebnisse in der letzten
Zeit zeigen, daß offenbar eine politische Zuordnung nach rechts, wie sie ursprünglich
getätigt wurde, kaum aufrecht zu erhalten ist, daß eher linke Beteiligung da ist oder
ein anderer, vielleicht geheimdienstlicher Hintergrund besteht.
Was glauben Sie denn, wie sich diese Affäre noch weiterentwicklen könnte?
Schimanek: Ich hoffe, daß die wahren Täter so rasch wie möglich
gefunden werden. Wenn es sich um Geheimdienstarbeit handelt, und ich bin fast überzeugt
davon, daß das so ist, dann werden es die Beamten sehr schwer haben. Noch dazu, wo man
sie von Haus aus in die falsche Ermittlungsrichtung nicht nur gedrängt, sondern geradezu
gezwungen hat.
Offensichtlich war es aber doch, daß gerade die von Ihnen angesprochene Verurteilung
Ihres Sohnes in einem gewissen atmosphärischen Zusammenhang mit diesem Attentat im
Burgenland war, wo es ja mehrere Tote gegeben hat und man den Geschworenen versucht hat
nahezulegen, sie müßten quasi für diese Untat auch ein entsprechendes Urteil fällen?
Schimanek: Diese Vorgangsweise hat schon im November begonnen, als man in
einer massiven Kampagne des News gegen meinen Sohn unterstellt hat, er hätte an
Bombenbastelkursen in Deutschland teilgenommen und diese sogar selbst geleitet. Unter
diesem Aspekt kam es dann natürlich auch zur Verhandlungsausschreibung. Oberwarth
passierte am 5. Februar 1995 drei Wochen später wurden die Geschworenen bestellt und am
20. März 1995 begann der Prozeß mit acht Hauptgeschworenen, von denen zwei direkten
Kontakt zur Szene in Oberwarth hatten und haben. Eine Frau davon ist sogar die Tante eines
Oberwarthbombenopfers.
Wenn dann noch die Richterin zu Beginn des Prozesses und auch der Staatsanwalt davon
reden, daß es sich bei der rechten Szene, der auch mein Sohn angehört, um Menschen
handelt, die die Republik Österreich ohne Rücksicht auf Verluste in die Luft bomben
wollen, dann können Sie sich vorstellen, wie es zu diesem 15-Jahre-Urteil gekommen ist.
Zum Glück hat der Staatsanwalt am Schlußtag erkannt, wie dieser Prozeß läuft und hat
massiv die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes gefordert. Dem sind die
Geschworenen nicht gefolgt. Noch deutlicher hat der Staatsanwalt, vermutlich um begangenes
Unrecht gut zu machen, in seiner Gegendarstellung zur Nichtigkeits- und
Berufungsbeschwerde meines Sohnes gegen das Ersturteil agiert. Er hat meinem Sohn
überdies noch einen zusätzlichen Milderungsgrund zugebilligt, nämlich, daß er ein
Tatsachengeständnis abgelegt habe. Also hat der Staatanwalt maximal vier Jahre Haft ins
Auge gefaßt. Nur hat der Oberste Gerichtshof angesichts der veröffentlichten Meinung und
auch natürlich aufgrund des hohen Ersturteils auf acht Jahre Haft entschieden.
Was haben Sie denn für ein Gefühl, wie der kleine Mann auf der Straße solche Fälle
sieht?
Schimanek: Ich darf sagen, ich bin im nachhinein speziell der ÖVP
Niederösterreichs und dem Herrn Pröll und Konsorten geradezu dankbar, daß sie mich
damals wegen meines Sohnes zum Rücktritt zwingen wollten. Sie haben massiv mit
Untergriffen gearbeitet und das haben die Leute in der Öffentlichkeit nicht goutiert. Ich
darf sagen, daß ich in dieser Zeit einen derartigen Zuspruch in der Bevölkerung
vorgefunden habe, ohne den ich meinen Job nie weitermachen hätte können. Die
Bevölkerung, die Menschen draußen waren es, die mir geholfen haben, die mir Rückgrat
gegeben haben. Und ich bin überzeugt davon, ich werde das auch weiter durchkämpfen, bis
mein Sohn frei ist.
Wie ist denn in der Partei die Stimmung in bezug auch auf diese Geschichte gewesen?
Schimanek: Ich habe von meiner Partei wirklich starke, vor allem
moralische Unterstützung bekommen. Angefangen bei Dr. Jörg Haider bis hin zum kleinsten
Funktionär, und ich muß sagen, es war wirklich notwendig. Hätte ich diese
Rückendeckung nicht gehabt, ich wäre wohl verzweifelt. Das Vorgehen der Justiz war wohl
einmalig in der Geschichte der Zweiten Republik.
Zurück zur Landespolitik. Im Herbst, spätestens im Frühjahr stehen in
Niederösterreich Landtagswahlen vor der Tür. Welche Hoffnungen setzen Sie in diese
Landtagswahlen?
Schimanek: Bestärkt durch die Bevölkerung können wir Freiheitlichen in
Niederösterreich durchaus guter Hoffnung sein. Ich verweise nur auf die Meinungsumfrage
der ÖVP, in der mir zum Beispiel gleich hinter Landeshauptmann Pröll der zweithöchste
Bekanntheitsgrad zugebilligt wird. Das hat die ÖVP offenbar so durcheinander gebracht,
daß sie diese Umfrage nach kurzer Zeit aus dem Verkehr gezogen hat. Verständlich, denn
immerhin wird in der Umfrage den Freiheitlichen ein zweites Landesratsmandat zugebilligt,
während man der eigenen Partei ein bis drei Mandate Verlust voraussagt.