© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    34/97  15. August 1997

 
 
Klotz am Haushaltsbein
Kommentar
von Bernd-Thomas Ramb

An allen Ecken und Enden suchen die Verwalter staatlicher Haushalte nach Einsparungsmöglichkeiten. Der Erfindungsreichtum der Beamten – als Zuträger der häufig ideenlosen Parlamentarier – erscheint dabei grenzenlos und stellenweise erstaunlich erfolgreich. So hat der Kreistag einer hessischen Landregion kurzerhand 50 Schülern der 5. Klasse den staatlichen Bustransfer aufgekündigt, um etwa 2.000 DM monatlich einzusparen. Begründung: den Kindern ist ein Schulweg von drei Kilometern (hin und zurück täglich sechs Kilometer) zuzumuten.

Dank der Wahlinitiative eines sozialdemokratischen Ministerpräsidenten und potentiellen Bundeskanzlerkandidaten ist es nunmehr statthaft, darauf hinzuweisen, daß der gleiche Kreis für jedes einzelne von asylsuchenden Eltern bei der Durchreise in Deutschland dort zurückgelassene Kind monatlich 7.500 DM aufzuwenden bereit ist. Zumutbarkeiten folgen nun einmal staatlich festgelegten und vom Bürger offensichtlich so gewollten Präferenzen.

Als Objekt der Einsparbegierde weitgehend verschont geblieben ist bislang das Potential der staatlichen Beschäftigten selbst. Seit Jahrzehnten nahezu unverändert beträgt der Belastungsanteil der Personalausgaben am öffentlichen Topf etwa 31 Prozent. Der jährliche Anteil der absoluten Ausgaben für die Staatsdiener lag dabei zwischen drei und zehn Prozent, dem Anstieg der staatlichen Gesamtausgaben entsprechend.

Die Prognosen der künftigen Personalausgaben lassen aus der Sicht der im öffentlichen Dienst Beschäftigten keine großen Gefahren erkennen. Die vertraglich abgesicherten Pensionen garantieren bis zu 75% der Bezüge im Alter. Die systemimmanente Neigung von Bürokratien, ihren Personalbestand permanent auszuweiten, wehrt nicht nur potentielle Angriffe auf das Ausgabenvolumen für das Staatspersonal ab, sie schützt auch das Leistungsniveau der Staatsdiener vor allen Versuchen, durch Reformen höhere Effizienz und Arbeitssteigerungen oder gar leistungsgerechte Entlohnungssysteme einzuführen. Dafür sorgen nicht zuletzt die parteiübergreifende Mehrheit der Staatsbesoldeten in sämtlichen Parlamenten.

Zusammen mit dem steigenden Anteil an Zinsverpflichtungen aufgrund der explodierenden Staatsverschuldung bietet diese Konstellation die Garantie, daß staatliche Investitionen endgültig in das Nirwana der unerfüllbaren Wünsche verdrängt werden. Allenfalls im ebenfalls explodierenden Bereich der Sozialausgaben können sich kurzfristig Einsparungsmöglichkeiten eröffnen. Dann aber, bitteschön, unbedingt neosozialphilosophisch korrekt und im Zweifel vorsichtshalber deutlich deutsch –, als auch nur andeutungsweise ausländerfeindlich – eben wie in oben angeführter Weise.


 
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