© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/97  21. August 1997

 
 
Öffentlich-bevorrechtigt
Kommentar von Bernd-Thomas Ramb

Immer wieder gibt es verzweifelte Ausbruchsversuche von Fernsehkonsumenten, um der Zwangsmitgliedschaft des öffentlich-rechtlichen Fernsehens zu entrinnen. Vergeblich, denn selbst eine demonstrative Antennendemontage oder die technische Kastration von Fernsehempfängern helfen nicht, dem dauerhaften Pflichtabonnement mit Plätzen in der ersten Reihe (ein Greuel für Kinogänger) zu entrinnen.

Über 11 Milliarden DM zahlen die deutschen Fernsehzuschauer, zumindest der ehrliche Teil, jährlich in die Kassen von ARD und ZDF. Freiwillig kommt allerdings kaum jemand der staatlich angeordneten Abgabeverpflichtung nach, trotz der großzügigen Gegengabe in Form von amtlich auf Korrektheit geprüfter Information und Unterhaltung. Zu groß ist die Diskrepanz zwischen dem, was öffentlich-rechtlich geschützte Meinungs- und Witzemacher zu administrierten Preisen dem Zuschauer zu verpassen das Privileg haben, und dem, was der gestreßte Bundesbürger an Unterhaltung bevorzugt und der etwas neugierigere an politischen Informationen begehrt.

Gratis ist dagegen der Empfang privater Rundfunk- und Fernsehsender. Diese leben allein von Werbeeinnahmen, deren Zufluß wiederum von der Zuschauerakzeptanz der Sender, genauer deren Sendungen, abhängt. Nicht, daß den öffentlich-rechtlichen Sendern diese Einnahmequelle versagt wäre, die Werbewirtschaft zieht nur nicht mehr mit. Auch wenn der Werbeblock von ARD und ZDF stark einschränkenden Regeln unterworfen ist (nur wochentags, nur vor 20 Uhr und nur insgesamt 20 Minuten), der rapide Rückgang der Werbeeinnahmen kann damit allein nicht erklärt werden.

Innerhalb der letzten 10 Jahre schrumpften die Nettowerbeeinnahmen der Staatssender auf fast ein Drittel des Ausgangsbetrags. Unterdessen stiegen die Einnahmen der Privatsender von praktisch Null auf über sechs Milliarden DM. Betrug der öffentlich-rechtliche Anteil am gesamten Topf der Werbesendungen wertmäßig Ende der achtziger Jahre nahezu 100 Prozent, lag er im vergangenen Jahr bei etwa 10 Prozent. Die Zunahme betrug 1996 gerade einmal 1,5 Millionen DM, gegenüber 555 Millionen DM bei der Privaten.

Natürlich ist der Betrag der Werbeeinnahmen nicht der einzige Indikator für ein erfolgreiches Programm. Andererseits zahlen die werbenden Firmen nur bei hohen Zuschauerzahlen. Wer auf diesen Wettbewerb nicht angewiesen ist und seine Einnahmen praktisch beamtenmäßig sicher hat, unterliegt naturgemäß weniger dem Zwang des Zuschauererfolgs. Die Ausrede, statt dessen einem staatlichen Bildungsauftrag folgen zu müssen oder die angeblich höherwertigen Beiträge zu liefern, dient mehr denn je allein der Absicherung staatlicher Pfründe.


 
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