© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    36/97  29. August 1997

 
 
Ausbeutung und Fernstenliebe
Kommentar von Jürgen Hatzenbichler

Die SPÖ zeichnet sich dieser Tage unter anderem durch ihr gespaltenes Verhältnis zur Ausländerfrage aus. Forderte der SP-Menschenrechts- und Volksgruppensprecher Walter Posch am 8. August mehr Rechte für derzeit in Österreich lebende Ausländer ein, so lehnte der sozialistische Innenminister Schlögl eine Forderung der Caritas und des UN-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) ab, nach der die auslaufende Rückkehrhilfe verlängert werden sollte. Dieses gespaltene Verhältnis ist insofern bemerkenswert, als das im Juni beschlossene Integrationspaket aus Fremden- und Asylgesetz von beiden Koalitionspartnern mitgetragen worden war. Zu den Einzelheiten: Posch forderte die Hinaufsetzung der Altersgrenze für den Nachzug von Kindern ausländischer Eltern nach Österreich von 14 auf zumindest 18 Jahre. Weiters bemängelte er, daß ausländische Studenten in Österreich keine Möglichkeit auf einen Ferialjob hätten. Seiner Ansicht nach sollten Ausländer in diesem Punkt mit Inländern gleichgestellt werden. Damit nicht genug: Posch ortete auch, daß für eine wohlhabendes Land wie das unsere die derzeit fast tausend Asylgewährungen "durchaus verkraftbar" seien. Quasi als Antwort kündigte der Menschenrechts– und Volksgruppensprecher der SPÖ für kommenden Herbst eine Novellierung des Volksgruppengesetzes an. Parteigenosse Schlögl hingegen ist anderer Meinung: Für ihn kommt eine Verlängerung der Rückkehrhilfe bosnischer Flüchtlinge nicht in Frage, Österreich hätte in letzter Zeit knapp vier Milliarden Schilling (!) für die Flüchtlinge ausgegeben. Bei Licht besehen stellt sich die ganze Diskussion als Schattengefecht heraus. Schlögls rigorose Ablehnung weiterer Zahlungen an Rückkehrhilfen übertüncht die elfmonatige Verlängerung des Aufenthaltsrechts für Flüchtlinge und der Bund-Länder-Aktion für Rückkehr-Unwillige. Küberls Einlenken hingegen, auch Gastarbeiter sollten in einen zu schaffenden Fonds einzahlen, überdeckt die ungleich größere Zahlungslast, die auf die Österreicher entfiele, würde die Rückkehrhilfe weiterhin genehmigt. Niemand spricht mehr von den großartigen karitativen Leistungen Österreichs während des Balkankrieges
(z. B. die Aktion "Nachbar in Not", sowie die selbstverständliche Bereitwilligkeit zur Aufnahme von Kriegsflüchtlingen), niemand stellt die Frage, warum Österreich auch noch dafür bezahlen soll, daß die eingelassenen Schutzsuchenden überhaupt wieder in ihre nun befriedete Heimat zurückkehren. Stattdessen wird dem Volk nach wie vor das längst offensichtlich gewordene Schreckgespenst vom Wohlstand im Überfluß vorgegaukelt.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen