© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    39/97  19. September 1997

 
 
Oberösterreich: Antieuropäische "Neutrale" machen mobil
"Nur ein bisserl schwanger"
von Michael de Wet

Bei den oberösterreichischen Landtagswahlen machen die anti-europäischen "Neutralen" mobil. Neben den fünf Parlamentsparteien (SPÖ, ÖVP, Freiheitliche, Grüne und Liberales Forum) wird am 5. Oktober eine sechste Liste dem Wähler präsentieren: "Die Neutralen Österreichs". Diese Liste hatte bereits bei den vergangenen Nationalrats- und Europawahlen unter dem Signet "Nein zur EU" kandidiert und dabei bundesweit 1,1 bzw. 1,3 Prozent der Stimmen eingefahren. "Nur die Neutralen Österreichs sagen Nein zur NATO und EU" heißt es in der mit den österreichischen Nationalfarben Rot und Weiß drapierten Wahlkampfzeitung Neue Informationen, die in einer Auflage von 50.000 Exemplaren verteilt wird.

In ihrer Presse gehen die "Neutralen" nicht eben zimperlich mit dem politischen Gegner um. Die ÖVP regiere "konsequent in einem unerklärlichen Selbstvernichtungstrieb gegen den Willen der österreichischen Bevölkerung. Sie hat unser Land mit Gewalt in die EU getrieben, sie will sofort der NATO beitreten, den Euro einführen und bemüht sich mit Erfolg, alles und jedes österreichische Eigentum in ausländischen Besitz zu bringen. Herr Dr. Schüssel ist auch noch stolz auf seine Tätigkeit und diese Leistungen. – Die Österreicher bedanken sich für all das und wählen die ÖVP erfreulicherweise immer weniger. So wird die ÖVP früher oder später aus dem österreichischen Parlament verschwinden." SPÖ und Grüne werden nicht viel anders abgefertigt, während "der ständige Wahlsieger" Jörg Haider vom Neutralen-Vorsitzenden Heinz B. Schmutzer mit einem sich ständig im Winde drehenden Wetterhahn verglichen wird. "NATO – Ja, Euro – vielleicht, EU – Ja: Ist das ein Konzept? Ist das eine Überzeugung? Kann man ein bisserl schwanger sein? Herr Dr. Haider ist es!", so der streitbare Europa-Gegner. Die "Neutralen" lassen sich aber nur bedingt als "rechte" Alternative zur FPÖ bezeichnen.

Das hängt zunächst damit zusammen, daß sich in ihrer Wählerbasis weniger "großdeutsche" Nostalgiker als vielmehr entschiedene österreichisch-patriotische Neutralisten finden. "In 50 Jahren haben die Österreicher durch Arbeit, Intelligenz und Disziplin ihr Land aus einem Trümmerfeld zu einem der schönsten, gepflegtesten und wohlhabendsten Länder der Welt gemacht", lautet das Credo. Zum anderen gehören zum Forderungskatalog der "Neutralen" neben der prinzipiellen Frontstellung zu EU und NATO eher grün anmutende Forderungen wie die Forderung, daß in Österreich die Lebensmittelversorgung durch gentechnikfrei hergestellte Erzeugnisse der einheimischen Bauern sichergestellt werden sollte.

Solche Programmpunkte sind sicherlich dem wichtigsten Bundesgenossen geschuldet, den Schmutzers "Neutrale" haben: die "Vereinten Grünen Österreichs (VGÖ), die sich vor kurzem in "Vereinte Grundsatztreue Ökologen" umbenannt haben.

Diese Kleinpartei, die nach jahrelangem Niedergang im Schatten der Grünalternativen bei den jüngsten Kommunalwahlen in Klagenfurt damit überraschte, daß sie hier ihren Stimmenanteil stabilisieren und ihre beiden Mandate halten konnte, hatte bei den letzten Europawahlen auf eine eigene Kandidatur zugunsten der "Neutralen" verzichtet und auf deren Liste ihre Kandidaten plaziert. Nach demselben Muster soll auch am 5. Oktober in Oberösterreich verfahren werden.


 
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