© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/97  17. Oktober 1997

 
 
Kulinarischer Report( Teil1): American Junkfood im letzte-Seite-Geschmacks-Härtetest
Nachos und WC-Reiniger
von Ernst Fröhlich

Um unsere alte Welt nicht in ihrer Rückständigkeit – diesmal die Nahrungsaufnahme betreffend – zu belassen, rüsteten wir uns zu einer Expedition in die Neue Welt, dem Vaterland "cooler" Trends: die USA. Wir handelten nach dem Bedürfnis, dem heimischen Europa kulinarische Anhaltspunkte auf unserer gemeinsamen Reise ins nächste Jahrtausend zu vermitteln und die elementarsten Bedürfnisse jeglichen Lebens – die Aufnahme körperfremder Eiweiße, Vitamine und Kohlenhydrate nämlich – zu revolutionieren.

Unser Flug brachte uns in das kulturelle Zentrum der Neuzeit: Los Angeles. Von hier aus würde uns unser Weg 15.000 Kilometer weit durch zehn Bundesstaaten des Westens führen. Es galt, ein Ergebnis zu bekommen, das weder durch regionale Einflüsse, noch durch den Einwand einseitiger Ermittlungen getrübt war.

Unsere Bewertungskriterien sind Qualität, Preis, Ausstattung, Freundlichkeit, Publikum sowie "Einzelheiten", also Sonderleistungen. Die Bewertung erfolgt auf einer Notenskala von eins bis acht, wobei eins die beste Note ist. Acht Stufen deshalb, weil wir aus der grenzenlosen Auswahl an Fastfoodketten die 8 größten auswählten.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Den letzten Platz unserer Tabelle verteidigt "Subway" – seinem Namen alle Ehre machend. Unendlich viel schlabberiges Gemüse übertüncht die Ahnung des eigentlichen Hauptbestandteils, nämlich Huhn oder Schinken. Diese Neutralität des Geschmacks wird nicht einmal durch Gewürze geleugnet, und die wuchtige Weißbrotstange, die all das verpackt, ist von der Konsistenz, die einem den Kiefer hinunterfedern läßt. Da beißt man zu hurtig zu.

Die Ausstattung, mit ihren phantasielosen Plastikbänken und viel zu kleinen Tischen erinnert an einen Warteraum am Bahnhof. Unfreundlichkeit ist nur ein Hilfs-ausdruck, um das Personal zu klassifizieren. Der Preis zieht einem die Schuhe aus, zumal man 5,24 Dollar, also rund 8,50 Mark, für einen "footlong" auf den Tresen knallt. Satt wird man hier also in erster Linie vom Preis.

In verhältnismäßig geringem Abstand erweisen sich "Taco Bells" als ihrer Note 7 für "würdig". Hier werden in erster Linie Tacos, Burritos und Nachos verkauft, die wohl der amerikanische Tribut an den Nachbarstaat Mexiko sind. Wußten wir mit den Nachos geschmacklich wenig anzufangen – die mitgelieferte Soße ist außer scharf nur scharf – so haben die Burritos doch einen gewissen Reiz.

Auch die Tacos haben ein gewisses Etwas an Geschmack, wir wissen nur nicht was. Immerhin erkennt man zu großen Teilen den Inhalt sofort: Salat (gut abgelegen), Mayonnaise und Faschiertes, alles in allem zu dünnflüssig. Preislich allerdings ist "Taco Bells" akzeptabel: Für 2,5 Dollar wird man zwar nicht satt, hat aber das Gefühl, etwas geboten bekommen zu haben. Die Innenausstattung läßt hygienisch zu wünschen übrig. Die Sessel sind am selben Rohrgestell befestigt wie die Tische, und die Bedienungen sind typisch eiskalte Dienstleistungsschlampen. Das Publikum besteht hauptsächlich aus Latinos, was wohl mit der Nahrung zusammenhängt.

Als wirklich böse Überraschung erwies sich Kentucky Fried Chicken (KFC). Angelockt von den herzhaft gebrutzelten Hühnchen, dem frischen Püree, dem knackigen Salat und dem gesunden Gemüse aus der Fernseh-Werbung, mußten wir allerdings gleich vor der ersten "KFC"-Filiale neben der Tür anbinden: Halbwüchsige Hühnerextremitäten verschwitzten jämmerlich unter dem Warmhaltelicht der Vitrine den Glanz ihrer Kruste.

Das Gemüse war seit den Dreharbeiten zum Werbespot sichtlich gealtert und ging auf den Plastiktellern eine geradezu trost-lose Symbiose mit den traurigen Hühnerstummeln ein. Nur das Püree schien wie im Fernsehen, ebenso die vielen bunten Soßen. Ja, das floß dick vom Schöpflöffel! Das Plastikmesser drückte sich in das Huhn, die Gabel tunkte es tief in die Soße, das Wasser lief uns im im Munde zusammen. Dann der große Augenblick: Der Biß ins Volle! – Etwa eine halbe Minute später löste sich unsere Gesichtslähmung – die Soße war entweder für den Nachtisch, oder man aß hier Backhuhn mit Honig.

Als wir beim nachfolgenden, spontanen WC-Besuch feststellten, daß der Geruch des Putzmittels identisch mit dem süßen Geschmack des Salates war, beschlossen wir, dem Beispiel der fehlenden Gäste zu folgen. Die vier Dollar für diese Zumutung betrachteten wir als Wegezoll, um den Ausgang passieren zu dürfen, ohne weitere Angebote schlucken zu müssen.

 

In der nächsten Ausgabe präsentieren wir Ihnen an gleicher Stelle die besten Ergebnisse unseres Tests.


 
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