© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/97  17. Oktober 1997

 
 
Ruck durch die Rechte
von Dieter Stein

Die Hamburg-Wahl ist auch einige Wochen später immer noch nicht ganz verdaut: Ein Signal für Wähler, die von der Bonner Politik enttäuscht sind, ging nicht von ihr aus. Der Anteil der für rechte, nationale Parteien stimmenden Wähler nahm etwas zu, die Zahl der um dieses Wählerpotential werbenden Formationen multplizierte sich jedoch noch einmal. Einer der Gründe mag der verlockende Zugriff auf die staatliche Parteienfinanzierung sein, ein anderer, daß es in dieser Szene von Mini-Gurus nur so wimmelt. Jeder will Posten, Briefpapier, Stempel, Präsidiumssitz – alles, was zu saftiger Parteipolitik dazugehört.

Und es sieht nicht danach aus, als ob sich etwas daran ändern würde. Letztes Wochenende wurde nun eine weitere Partei gegründet. Nun gut. Es werden noch weitere folgen. Es gibt eine strahlende deutsche Tradition ununterbrochener Parteigründungen – sie dienen in der Regel dazu, nachhaltig Personal zu verschleißen und Bürger-Protest zwischen Vorstandssitzung und innerparteilicher Intrige wirkungslos verpuffen zu lassen.

Wenn sich aber in Deutschland etwas ändern soll, reichen intellektuelle Debatten nicht aus – es muß parlamentarische Alternativen zum gegenwärtigen Angebot in Bonn geben. Wenn eine parlamentarische Formation Erfolg haben soll, dürfen die Menschen, die hinter einem Partei-Projekt stehen, nicht nur guten Willens sein, sie müssen auch über die Mittel und ein konzeptionelles und inhaltliches Instrumentarium verfügen, das Akzeptanz und Erfolg verspricht. Die Bundestagswahl 1998 ist kein Seifenkistenrennen, sondern die Formel I im Parteienstaat. Der CDU-Parteitag zeigte allen Konkurrenten – kleinen wie großen – mit welchem organisatorischen Wasser das Konrad-Adenauer-Haus kocht. Nach mehreren letztinstanzlich gewonnen Wahlschlachten dürfte das auch allen Beteiligten klar sein. Die CDU hat zwar nicht unbedingt berauschendere Inhalte, auch nicht das attraktivere Personal – sie macht aber den exzellentesten und erfolgreichsten Wahlkampf.

Was die rechte politische Szene in Deutschland braucht, sind nicht Hunderte runde Tische oder Fusionen von Minizirkeln, sondern eine Formation, die eine vorzeigbare Partei mit mitreißenden Menschen ist und die obendrein sich der modernsten Methoden der Massenkommunikation mit Macht bedient und die Öffentlichkeit in ihren Bann zieht. Die Republikaner, deren Bundesparteitag am kommenden Wochenende im Allgäu unter Mitwirkung des Vordenkers des französischen Front National, Yvan Blot, und dem Ex-Grünen Alfred Mechtersheimer stattfindet, müßten hier ein Signal setzen.


 
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