© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/97  17. Oktober 1997

 
 
Parteien: Nach Hamburg beginnen Parteitage und Strategiekonferenzen
Die Basis verbreitern
Richard Stoltz

Wenige Tage nach dem CDU-Parteitag in Leipzig rüsten auch die Republikaner zu ihrem bundesweiten Delegiertentreffen, das am kommenden Samstag in einer kleinen Ortschaft nahe Kempten stattfindet. Auf der Tagesordnung stehen eine Grundsatzrede des Parteivorsitzenden Rolf Schlierer, in der es laut Ankündigung auch um "die Zukunft rechter Politik in Deutschland" nach der Wahl in Hamburg gehen soll, sowie die Beratung und Beschlußfassung über zwei Leitanträge des Bundesvorstandes zur Rentenpolitik und zur Europäischen Währungsunion. Als Gäste werden auf dem Parteitag der ehemalige Bundestagsabgeordnete der Grünen, Friedensforscher und Initiator der "Deutschland-Bewegung", Alfred Mechtersheimer, sowie der Europa-Abgeordnete des Front National, Yvan Blot, erwartet.

Für die Republikaner ist es der erste Parteitag nach ihrem Desaster bei der Hamburger Bürgerschaftswahl am 21. September. Während die Partei um Schlierer- nur 1,9 Prozent der Stimmen für sich verbuchen konnte, erreichte die Deutsche Volksunion (DVU) des Münchner Nationalzeitung-Verlegers und Multi-Millionärs Gerhard Frey 4,9 Prozent. Trotz einer nochmaligen Auszählung in einem Stimmbezirk fehlten der DVU zum Schluß 190 Stimmen zum Einzug in das Landesparlament der Hansestadt. Eine Stellungnahme zum Wahlausgang von Frey oder dem Hamburger Spitzenkandidaten der DVU, Heinrich Gerlach, hat die junge freiheit selbst auf mehrmalige Anfrage bis heute nicht erhalten.

In ihrem Leitantrag zur Rentenpolitik plädieren die Republikaner für eine grundsätzliche Umstellung der Alterssicherung. Das System des Umlageverfahrens sei "nicht mehr zu verantworten und muß schrittweise durch das Kapitaldeckungsverfahren abgelöst werden". Dieses Verfahren führe neben einer effizienteren Alterssicherung auch zu einer höheren Sparquote und damit zu Investitionsanreizen, die entsprechende Wachstumseffekte ermöglichten.

In dem Antrag zur Währungsunion fordern die Republikaner die Bundesregierung auf, den Vertrag von Maastricht zu kündigen. Das starre Festhalten am Euro "wider alle fiskal- und wirtschaftspolitische Vernunft" ist nach Ansicht der Partei "fadenscheinig". Weiter heißt es: "Eine verantwortungsvolle Politik, die deutschen Interessen folgt, kann ein derartiges Abenteuer, dessen Ausgang den über Jahrzehnte erarbeiteten Wohlsstand des deutschen Volkes zu ruinieren droht, nicht gutheißen." Die Aufkündigung des Maastrichter Vertrages, dessen Kernstück die Europäische Währungsunion ist, sei "das Gebot der Stunde".

Während die Republikaner mit diesem Programmparteitag aus ihrer Sinnkrise nach der Hamburg-Wahl herauszufinden hoffen, bereitet die Deutschland-Bewegung von Alfred Mechtersheimer ihr "Wartburgfest 1997" vor, das vom 24. bis 26. Oktober im thüringischen Eisenach stattfindet. Nach dem Kyffhäuser-Treffen zum Tag der deutschen Einheit (die JF berichtete) ist das Wartburgfest die zweite überparteiliche Großveranstaltung konservativer und rechter Kräfte in Deutschland. Das Programm beginnt am Freitag mit zwei Koordinierungtreffen für "Pro-D-Mark-Aktionen" und für Aktionen gegen die umstrittene Anti-Wehrmachtsausstellung. Die Hauptvorträge halten am Sonntag der Buchautor und Islam-Experte Rolf Stolz über "Deutschland und das Morgenland", der Ökobauer und Mitbegründer der Grünen, Baldur Springmann zur Deutung des Begriffs "heilig" im Motto des Wartburgfestes ("Es lebe das heilige Deutschland") sowie ein namentlich noch nicht genannter Festredner zur "Lage der Nation". Einer der Schwerpunkte des diesjährigen Wartburgfestes sollen die Beiträge "Junge Deutsche reden über ihr eigenes Land" werden.

Unterdessen hat sich im rechten politischen Spektrum eine neue Partei zu Wort gemeldet, die "Vereinigte Rechte". Initiator und Gründungsvorsitzender ist der Ex-Wahlkampfleiter der baden-württembergischen Republikaner, Leo Thenn (71), sein Stellvertreter Mario Meurer (34) aus Stuttgart. Die "Vereinigte Rechte" will die deutschen Rechtsparteien zu einem Wahlbündnis zusammenschweißen und das "sinnlose Gegeneinander" beenden. Wenn das jedoch nicht gelingen sollte, teilte Thenn vorsorglich mit, werde sie "eigenständig zu Wahlen antreten". Ob es sich bei der Neugründung indes um mehr als ein Zwei-Mann-Unternehmen handelt, war bis zum Redaktionsschluß dieser Ausgabe nicht zu erfahren.

Die "rechte Zersplitterung" macht auch der ehemalige Generalsekretär und bayerische Landesvorsitzende der Republikaner, Harald Neubauer, dafür verantwortlich, daß trotz einer immensen Materialschlacht wieder keine Partei den Sprung ins Hamburger Landesparlament geschafft habe. Auf einem Kongreß am vergangenen Wochenende erklärte er, dies sei für die bevorstehende Bundestagswahl 1998 ein "katastrohales Omen". Neubauer begrüßte die jüngsten Äußerungen aus der Führungsspitze um Rolf Schlierer und seinen Stellvertreter Christain Käs. Die beiden Spitzenfunktionäre hatten auf einer Veranstaltung zum Tag der deutschen Einheit Kooperationen angeboten und zur Überwindung alter Verletzungen aufgefordert (die JF berichtete). Dies sei ein "wichtiges und richtiges Signal", sagte der 1991 im Streit mit dem damaligen REP-Chef Schönhuber aus der Partei ausgetretene Neubauer. Es werde aber auf die praktische Umsetzung ankommen. "Tausende von parteilich nicht gebundenen Patrioten warten auf konkrete Vorschläge", betonte Neubauer.


 
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