© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/97  24. Oktober 1997

 
 
Gourmet-Report (Teil II): Die besten Burger und die frischeste Cola
Schweinebraten statt Big Mac
von Ernst Fröhlich

Viel eher angetan als von "Kentucky Fried Chicken" waren wir von "Jack in the Box", jener sympathischen Fastfood-Kette, deren Chef – ein Clown mit Anzug und Schneemannkopf – im Fernsehen persönlich Werbung macht. Steht die Bedienung unseren Traveller-Cheques anfangs auch etwas mißtrauisch gegenüber, so zahlt man uns schließlich doch bereitwillig und breit grinsend das Wechselgeld aus, indem man uns zuerst den Gesamtwert der Schecks in die Hand drückt und uns anschließend wieder jenen Betrag wegnimmt, den das Bestellte (schwammig-konsistente Photoplasma in Recycling-Papier) ausmacht.

Preislich liegt man hier im Mittelfeld, was man auch über die Qualität der hier erhältlichen Nahrung sagen kann. Was die Ausstattung anbelangt, sind wir mit euphorischem Geschrei eher zurückhaltend, denn ein eingelegter Teppichboden macht noch lange keine Wohnzimmeratmosphäre. "Jack’s" Kunden sind in die Alterstufe zwischen 20 und 40 einzuordnen, Ausnahmen sind kleine Kinder, die von ihren Eltern mitgeschleppt werden, und sich nicht wehren können. Der Grund dafür? Klare Sache: "Jack in the Box" hat keine Sonderleistungen anzubieten, keine Sößchen, keinen freien "Refill"-Automat, keine Super-Terror-Horror-Action-Figuren aus dem letzten Kinderfilm u.s.w.… Merke: Ein Clown macht noch lange kein Fastfood.

"Carl’s Junior" hingegen thront mit Fug und Recht auf Rang vier unserer Skala. Er ist im Preis-Leistungs-Verhältnis ganz vorne mit dabei: ausdehnungsgigantische Burger mit geschmacksaufpeppenden Zutaten lassen das Herz eines jeden Fettsüchtigen bis zum Infarkt schlagen. Frühstücks-Tacos, gefüllt mit Käse, Ei und Paprika und einer unaufdringlich scharfen Soße, bieten sich als Nebenerscheinungen auf der riesigen Programmpalette an. Weiter finden sich hier zahllose zarte Salate und plötzlich – neckisch versteckt zwischen "French Fries" (=Pommes) und "Root Beer" (=ungenießbares Getränk mit Lakritz-Geschmack auf Colabasis) – etwas Einzigartiges: Kartoffeln! Gebraten, gekocht, mit Soßen nach Wunsch und vor allem: am Stück.

Wer hier ißt, hat das Gefühl ernst genommen zu werden. Denn Einrichtung (Pflanzen, gepolsterte Sessel, teppichverkleidete Wände) und Service hinterlassen beim Kunden das Gefühl, nobel behandelt worden zu sein. Auch der Getränkeautomat für den freien "Refill" beruhigt das durstige Gemüt.

Je weiter es in der Rangliste nach oben geht, desto eher wird klar, daß die Bewertungsunterschiede zwischen den einzelnen Rängen nur noch imperativ und äußerst subjektiv feststellbar sind.

So läuft hier "McDonald’s" haarscharf "Burger King" Rang zwei ab. Wenn "Burger King" auch den Burger mit dem großen Umfang hat, so ist der von Mc Donald’s" dafür dicker. Auf diese Weise halten sich Qualität und Quantität der Produkte dieser beiden Anbieter die Waage. Was Preis, Bedienung und Publikum betrifft, scheint "Burger King" immer um kaum erkennbare Einzelheiten hinten nach zu sein. Bei der Innenausstattung punktet "Mc Donald’s" durch Variation: so trafen wir in Kalifornien auf eine Filiale, die das Aussehen eines Westernsaloons hatte, in Las Vegas hingegen versteckte sich das "Restaurant" im Keller unter einer Spielhölle.

Mit solchen Spielereien lockt man freilich die veränderungswütigen Eingeborenen an, die "Mc Donald’s auch mal anders" genießen möchten. "Burger King" hingegen ist von der Einrichtung her mit "Carl’s Junior" gleichzusetzen, regionale Unterschiede sind kein Terminus, der hier gefunden wurde.Der mehr als knappe Sieger unserer Untersuchung heißt: "Wendy’s – old fashioned Burgers".

Diese Kette spricht den "american way of life" an und kommt damit auch fabelhaft rüber. Die Wände sind mit einer Großmutters-Bauernhaus-Blümchentapete beklebt, die Türrahmen und Sesselleisten aus hellem Holz runden das Wohnzimmerambiente ab. Auch das Publikum hier ist der Hammer: Oma und Opa Farmer mit Baseball-Mützen und Cowboyhüten ziehen sich ihre halben Colas rein, daß es nur so rauscht. Wer kann sich schon Franz Meyer, 70, Bauer aus Hinterochsing, bei Big Mac, Sprite und Fritten vorstellen? Die große, frische Salatebar, die freundliche Bedienung und der 10-Liter-Ketchupbottich machten unseren Aufenthalt zum einzigartigen Vergnügen. Man kann also freudig ausposaunen: Hier handelt es sich um "amerikanische Tradition" (soweit es sowas überhaupt gibt) – und auf Traditionen stehen wir!

Wenngleich Fastfood auch – chemisch programmiert – gut verträglich ist, haben wir am Ende unserer Forschungsreise doch die Nase und vor allem den Magen ziemlich voll davon. Der Körperumfang eines Durchschnittsamerikaners steht in linearer Relation zur täglich zugeführten Kalorienmenge; was nicht zuletzt am Junkfood vom Plastiktresen liegt. Worauf wir uns bei der Rückkehr ins 1001jährige Österreich am meisten freuten? Über zweiwöchiges Fasten! Und danach? Schweinebraten, Räucherschinken, gekochtes Gemüse, hausgemachten Saft, starken Kaffee und vor allem: Schwarzbrot.


 
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