© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    45/97  31. Oktober 1997

 
 
Linkextremismus: PDS-Abgeordnete nervt Bundesregierung mit Anfragen
Antifa-Netzwerk in Bonn
von Wolf-Albert Rahm

Ulla Jelpke kann auf einen bewegten politischen Werdegang zurückblicken. Die ehemalige Aktivistin im Kommunistischen Bund (KB) und spätere Abgeordnete für die Grün-Alternative Liste (GAL) in der Hamburger Bürgerschaft von 1981 bis 1989 gehört seit 1990 für die PDS dem Deutschen Bundestag an.

Daß die heute 46jährige Jelpke lange nach Auflösung des KB im Mief der K-Gruppen und linksextremen Szene verwurzelt ist, zeigt sich an ihrer Parlamentstätigkeit nicht zuletzt dann, wenn ihr Blick auf die "rechte" Seite des politischen Spektrums fällt. Da wird der demokratische Schafspelz übergeworfen und der antitotalitäre schnell in einen antifaschistischen Grundkonsens umgedeutet. Welche Möglichkeiten sich einem Parlamentarier bieten, um am demokratischen Prozeß teilzunehmen, hat Jelpke schnell erkannt.

Den Abgeordneten steht eine Mehrzahl von Möglichkeiten zur Verfügung, Fragen an die Bundesregierung zu richten. Eine davon ist die "Kleine Anfrage", die von der Bundestagspräsidentin der Bundesregierung zugeleitet wird mit der Aufforderung, sie innerhalb von 14 Tagen schriftlich zu beantworten. Während die Mehrzahl der Parlamentarier dieses Instrument gezielt bei Sachfragen einsetzt, ist es bei der PDS-Abgeordneten zum politischen Kampfmittel verkommen. Da wird gebetsmühlenartig die allgegenwärtige Gefahr des "Neofaschismus" beschworen, werden konservative und nationalliberale Politiker, Wissenschaftler und Verbände mit Rechtsextremisten in einen Topf geworfen. Wer Frau Jelpke ein Dorn im Auge ist, wird gebrandmarkt, nachdem er vorher ordentlich mit der Faschismuskeule Bekanntschaft gemacht hat.

Im antifaschistischen Kampf ist die PDS-Abgeordnete nicht allein auf weiter Flur. Es ist unmöglich, hunderte von Kleinen Anfragen an die Bundesregierung zu richten, ohne über den entsprechenden Arbeitsstab zu verfügen. Während man zu KB-Zeiten mangels Finanzen auf revolutionären Elan zurückgreifen mußte, wird verfassungsfeindliche Propaganda jetzt durch einen Parlamentarierstatus in vielfacher Hinsicht erleichtert. Büroräume, EDV-Ausstattung inklusive modernster Kommunikationsmittel bis hin zum kostenlosen Reisen innerhalb Deutschlands stehen einem Abgeordneten des Deutschen Bundestages zur Bewältigung seiner parlamentarichen Arbeit zur Seite, nicht zu vergessen das Budget von über 14.000 Mark, aus dem die Mitarbeiter bezahlt werden. So kann die Alt-Kommunistin als personelles Kontaktscharnier zur linksextremen Szene fungieren. Art und Umfang der kleinen Anfragen lassen ein ganzes Netzwerk linksextremistischer, antifaschistischer Akteure vermuten. Angefangen mit Jens Mecklenburg, dem Herausgeber des sogenannten "Handbuch deutscher Rechtsextremimus", das in fast jeder Anfrage irgendwie zitiert wird bis zu den Antifaschistischen Nachrichten des GNN-Verlags, der dem Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) nahesteht. Ulla Jelpke ist im "Herausgabekreis" der Antifa-Nachrichten – mit anderen Einzelpersonen und Gruppierungen wie der Anarchistischen Gruppe/Rätekommunisten oder VVN-BdA-Untergliederungen – genannt. Es ist also kaum verwunderlich, daß regelmäßig ihre Anfragetexte die Seiten dieses Blättchens füllen.

Zielscheibe dieser Anfragen an die Bundesregierung sind neben anerkannten und verdienstvollen Vereinen und Organisationen – zum Beispiel der Bund der Vertriebenen, der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge – auch zahlreiche Einzelpersonen, die durch ihre politische oder wissenschaftliche Ausrichtung nicht in das Weltbild der PDS-Abgeordneten passen. Oft versinken die Inhalte der Fragestellungen und vor allem der Vorbemerkungen im Sumpf billiger Polemik. So heißt es in den Antworten oft genug: "Zu den Fragestellungen und Wertungen in den Vorbemerkungen der Fragesteller nimmt die Bundesregierung nicht Stellung." Manchmal fühlt sich der Antwortgeber trotzdem zu einer Stellungnahme genötigt. So hieß es zum Beispiel bei der Antwort auf die Kleine Anfrage "Der Ministerialdirektor aus dem Bundesministerium des Innern, die Landsmannschaft Ostpreußen, der Rechtsextremismus und die Mittel aus dem Bundeshaushalt". "Die in der Überschrift der Vorbemerkung sowie in den Fragen der Kleinen Anfrage zum Ausdruck kommenden polemischen Unterstellungen und die Angriffe auf die Person des Ministerialdirektors a.D. Hartmut G. weist die Bundesregierung entschieden zurück." Der Beamte habe sich stets für die freiheitliche Grundordnung eingesetzt (…) Seine Verdienste für die Vertriebenen, Spätaussiedler, für die deutschen Minderheiten und für die Erhaltung der deutschen Kultur des Ostens (…) seien in breiten Kreisen der Öffentlichkeit und auch im parlamentarischen Bereich besonders gewürdigt worden. In einer anderen Anfrage zur "bundesweiten Kampagne der Neonazi-Szene" gegen die sogenannte Wehrmachtsausstellung verwahrt sich die Bundesregierung "entschieden gegen den in der Vorbemerkung und mit der Fragestellung unternommenen Versuch, Meinungsäußerungen oder Handlungen demokratischer Politiker auf eine Stufe mit Aktionen rechtsextremistischer oder neonazistischer Kreise zu stellen."

Tatsächlich muß sich die PDS fragen lassen, ob sie sich mit solchen politischen Exponenten wie Ulla Jelpke noch auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung befindet.


 
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