© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    49/97  28. November 1997

 
 
G.Kadlubek/R. Hillebrand: Agfa-Geschichte eines deutschen Weltunternehmens
Leckerbissen für Fotofans
von Ulrich Vogt

Die Zeiten, wo der Photographica-Sammler in den einschlägigen Sammler-Magazinen oder Fotozeitschriften im In- und Ausland über Agfa, Europas größtes Fotounternehmen, nur häppchenweise etwas erfahren konnte, gehören gottlob endgültig der Vergangenheit an. Denn Günther Kadlubek (Text) und Rudolf Hillebrand (Fotos) haben es gewagt und – wie ich meine – in hervorragender Manier bewältigt, die lange und verworrene 130jährige Geschichte des deutschen Weltunternehmens Agfa zu erforschen, aufzuschreiben und bildhaft zu dokumentieren.

Dieses Buch war längst überfällig. Und was dann schließlich herausgekommen ist, das wird nicht nur den "reinen" Agfa-Sammler begeistern. Schon allein die vielen hundert Schwarz-Weiß- und Farbfotos von Kameras und anderen Photographica, die der Herausgeber von Photo Deal, Rudolf Hillebrand, geschossen hat, sind von so hoher Aufnahme- und dann auch Druckqualität, daß es eine wahre Lust ist, das Buch in die Hand zu nehmen und erst einmal die Bilder zu betrachten. Die cleveren Autoren wissen schließlich, daß der Leser von heute eher ein "Gucker", ein Augenmensch ist, der sich schöne Bilder ansehen möchte und sich über Bilder seine wichtigsten Informationen holt. Mehr als 850 Fotos sind dann auch in dem gelungenen Band enthalten, eine Anzahl also, die diesem Anspruch mehr als gerecht wird.

Bei aller Begeisterung über die hohe Bildqualität und -auswahl und über das auch von Hillebrand erstellte klare und augenfreundliche Layout sollte man nicht den eigentlichen Vater dieses Buches, Günther Kadlubek, vergessen. Er hat es gewagt, in die "Katakomben" des für den normalen Besucher eher langweiligen Agfa Foto-Historamas in Köln hinabzusteigen, um dort im Archiv historisch wichtige Materialien aufzustöbern und in mühseliger Kleinarbeit ans Tageslicht zu befördern. Und das Kölner Archiv ist nicht das einzige, das er durchforstet hat. Dazu kommen namhafte Agfa-Sammler, die den beiden Autoren ihre Sammlungen zur Verfügung gestellt haben. Als Ergebnis dieser akribischen Arbeit stellen sie nunmehr dem Leser die gesamte Entwicklung der heutigen Agfa als Tochter des Bayer-Konzerns anschaulich und spannend dar. Kurz, knapp, sachlich und informativ ist Kadlubeks Sprache, ohne Schnörkel und gut lesbar. Und er scheut sich auch nicht, an den Stellen eine Lücke zu benennen, wo seine Informationen zur Klärung einer Frage noch nicht ganz ausreichen. Ein ehrliches Buch!

Das für den Nicht-Agfa-Sammler wohl – aus meiner Sicht – Interessanteste an diesem Buch sind die lückenlosen Informationen über die Entwicklung des Filmmaterials. Hier hat der deutsche Chemiegigant in der Welt der Fotografie über Jahrzehnte hinweg eine unbestrittene Vorreiterrolle gespielt und Filmemachern, Profi- und Amateurfotografen von der Trockenplatte bis zum 35mm-Colorfilm ständig verbessertes Film- und Labormaterial in die Hand gegeben. Den Agfa-Sammler ist es natürlich ganz wichtig, eine möglichst lückenlose tabellarische Auflistung seiner schon vorhandenen oder später noch zu erwerbenden Kamera-Schätzchen zu bekommen. Auch den Wunsch kann das Gespann Günther Kadlubek/Rudolf Hillebrand erfüllen. So werden auf 65 der insgesamt 232 Seiten von den (vermutlich) ersten Rietzschel-Kameras von 1898 bis zu den neuen bunten Einweg-Kameras von 1997 hundert Jahre Kamerabau aufgelistet. Auch der amerikanische Agfa-Ableger Ansco ist mit seinen Produkten vertreten. Dazu kommt noch das nahezu gesamte Lieferprogramm für Zubehör, Blitzgeräte, Diaprojektoren, Schmalfilmkameras und -projektoren. Gut sind auch die Hilfen, die für die exakte Bestimmung der verschiedenen Silette- und Isolette-Modelle gegeben werden. Nicht zu vergessen die 65 Seiten tabellarischer Kamera-Auflistung, die für den Sammler von äußerster Wichtigkeit sind.

Insgesamt gesehen ist das Buch (nachträglich) ein schönes Geburtstagsgeschenk für die Firma Agfa, die am 15. April 1997 das 100jährige Jubiläum der Eintragung ihres Warenzeichens feiern konnte.

 

Günther Kadlubek/Rudolf Hillebrand: AGFA – Geschichte eines deutschen Weltunternehmens 1867–1997, 232 S., Format 22 x 28 cm, über 850 Fotos in Schwarzweiß und Farbe, geb., 98 Mark


 
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