© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/97  05. Dezember 1997

 
 
Werften: "Land unter" beim Bau von Marineschiffen
Zukunft im Wasser
von Karl Galster

Durch fernöstliche Konkurrenz ist der Bau von Handelsschiffen weniger profitabel, so daß nur der Bau von Marineschiffen noch lohnt. Während der U-Bootbau noch halbwegs zufriedenstellend ist, kommt der Export von Überwasserschiffen von deutschen Werften praktisch zum Erliegen.

Eine Vielzahl von aufstrebenden Mittelmächten beschäftigen sich in letzter Zeit mit dem Aufbau von Seestreitkräften, deren Kern immer ein Flugzeugträger sein muß, weil allein solche Schiffe den Luftschirm für die anderen Marineeinheiten sicherstellen kann. Haushaltszwänge setzen diesem Wollen aber enge Grenzen. Allein Indien (zwei), Thailand (einer) und Brasilien (einer) verfügen über Träger. Hier wird in Zukunft ein Markt entstehen, der dauerhafte Sicherung von Arbeitsplätzen, Know-How und Gewinnen demjenigen verspricht, der liefern und verkaufen kann. Einen ersten Auftrag aus Thailand für die Bremer Vulkan verhinderte die Bonner Ministerialbürokratie. Deutschland geriet dadurch ins Hintertreffen. Die Volksrepublik China, Indien, Malaysia und Pakistan, der Iran oder Peru könnten potentielle Kunden für dies zwei bis drei Milliarden DM teuren Einheiten sein.

Zerstörer mit einer Tonnage von 4.000 bis 9.000 Tonnen sind die kampf-kräftigsten Einheiten einer Seemacht. Diese schwimmenden Festungen verfügen über ein Arsenal von Luftzielraketen, Seezielraketen, U-Jagdtorpedos, mehreren Hubschraubern und Geschützen. Mit ihrer überlegenen Flugabwehrkapazität sichern sie die Flotte gegen Luftangriffe. Deutschland ist technologisch in der Lage, potentiellen Kunden solche Schiffe anzubieten.

Die Fregatte ist das "Mädchen für alles" bei der Marine. Im Gegensatz zum Zerstörer, der "alles kann", ist die Fregatte mit einer Tonnage von 2000 bis 4000 Tonnen auf nur eine Einsatzart optimiert. Entweder steht die Flugabwehr oder die U-Bootjagd im Vordergrund. Auf dem Gebiet des Fregattenbaus hat die deutsche Marinetechnologie Revolutionäres geleistet.

Das MEKO-Konzept berücksichtigt, daß ein Schiff in seiner Nutzungsphase mehrfach aufwendig modernisiert werden muß, um der Bedrohung auf See gewachsen zu seien. Die Waffen, Sonare, Rechner und Radaranlagen befinden sich bei dem MEKO-Typ in Containern, die innerhalb kürzester Zeit von Bord abmontiert werden und durch andere Container ersetzt werden können. Umbau oder Nachrüstung der MEKOs ist daher zeitlich verkürzt und erheblich billiger als auf herkömmlichen Einheiten. "Erfinder" des MEKO-Typs ist die Werft Blohm & Voss in Hamburg.

Zahlreiche Länder wie Argentinien, Nigeria und Malaysia, um nur einige zu nennen, verfügen über deutsche Fregatten. Zur Pflege der Kundschaft fand in der Zeit vom 26. bis 29. August 1997 in Hamburg die erste MEKO-Konferenz statt, zu der Nutzer, potentielle Kunden, Werften und Zulieferer eigeladen wurden, um ihre Erfahrungen auszutauschen. Auf kritische Fragen zur bundesrepublikanischen Exportpraxis zeigte Herbert von Nitzsch, Vorsitzender Geschäftsführer der Blohm & Voss Werft artig Wohlverhalten: "Wir sind unseren Ministern dankbar". Da bleibt einem schlicht die Spucke weg, weiß man doch, daß die deutsche Politik aus "übergeordnetem" Interesse den Export eher behindert als fördert.

Auch jetzt befinden sich einige Fregatten deutscher Konstruktion im Bau. Allerdings ist die Fertigung in den meisten Fällen ins Ausland verlegt worden. So wird das neuseeländisch-australische Bauprogramm, das zehn MEKO 200-Fregatten umfaßt, ausschließlich auf australischen Werften durchgeführt. Griechenland beschafft zur Zeit vier MEKO 360 Einheiten.

Nur das Typschiff "Hydra" wurde 1990 bis 92 bei Blohm & Voss in Hamburg gebaut. Ähnliches gibt es aus der Türkei zu berichten, wo in der Zeit von 1984 bis 98 nicht weniger als 8 MEKO 200 für die türkische Marine gebaut werden, davon immerhin 4 in Deutschland. Aus diesem Progamm befindet sich auch das zur Zeit einzige Kriegsschiff in Deutschland in Bau. Die "Kemalreis" wird 1998 fertiggestellt. Dann sind die Auftragsbücher leer, denn Folgeaufträge sind nicht in Sicht. Dann ist "Land unter" an der deutschen Küste. Das sieht der Bremer Wirtschaftssenator Hartmut Perschau (CDU) genauso. Im Rahmen der STN ATLAS-Montagsgespräche beklagte er, die industrielle Strukturpolitik Deutschlands sei südlastig. Die Bundesmarine wird erst zur Jahrtausendwende von 1999 bis 2006 mit 4 Einheiten der "124"-Fregatten als Auftraggeber in Erscheinung treten.

Korvetten von 800 bis 2000 Tonnen, Raketenboote von 200 bis 800 Tonnen sowie Hilfsschiffe werden auch von deutschen Werften angeboten, doch ist die Konkurrenz bei diesen weniger aufwendigen Schiffen hier derartig groß, daß Erfolge für deutsche Werften nur noch in einem geringen Maße zu erwarten sind. Allenfalls als "Paketangebot" ist hier noch ein Vertragsabschluß zu erwarten. Als beispielhaft mag hier der Vertragschluß Saudi-Arabiens mit einem französischen Werftenkonsortium gelten, der vier Fregatten, 40 Wachboote und zwei Nachschubschiffe umfaßte. Nachdem das Programm reibungslos abgewickelt wurde, war es nicht weiter verwunderlich, daß Saudi-Arabien Frankreich den Zuschlag für drei weitere Fregatten erteilte. Sie befinden sich zur Zeit im Bau und werden in Kürze der saudischen Marine zulaufen


 
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