© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/97  05. Dezember 1997

 
 
Die "Kauf-Nix-Bewegung":
Anderes Amerika
von Manuel Ochsenreiter

In den USA ist "shopping" schon fast ein identitätsstiftendes, nationales Hobby. Und auch wir Deutschen fühlen uns großartig, wenn wir den großen Bruder, gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit, nachahmen dürfen. "Shoppen" macht Spaß, jeder ist dabei. Fette bunte Kugeln, Glitter und kitschige, überladene Schaufenster mit Kinderchor-Dauerbeschallung gehören schon jetzt, fast vier Wochen vor Heiligabend, zum Alltag. Der Durchschnittsamerikaner konsumiert zehnmal so viel wie ein Chinese und fast 30mal soviel wie ein Inder.

Doch Amerika ist auch immer wieder für eine Überraschung gut. So ruft der Kanadier Kalle Lasn die Amerikaner zur 24-stündigen Konsumverweigerung auf, zum sogenannten "Buy-Nothing-Day" (Kauf-Nix-Tag). Wenn es um die amerikanische Kaufsucht geht, kennt Lasn kein Pardon. Er erkennt die mit Konsum einhergehende Massenverdummung und ist mit seinen Formulierungen nicht gerade zimperlich, wenn er die Amerikaner mit "abgerichteten Ratten" vergleicht, oder sie als programmierbare "Roboter" bezeichnet.

Keine Frage, der gebürtige Balte wird ernstgenommen. So weigerten sich die drei größten Rundfunkanstalten ABC, CBS und NBC Lasns 30sekündigen Werbespot auszustrahlen. Er stünde "im Widerspruch zur gegenwärtigen Wirtschaftspolitik der USA". Nur CNN hat den "skandalösen" Spot gesendet. Darin macht sich ein riesiges Schwein über Nordamerika breit und rülpst in die Kamera. Der selbstbewußte Kanadier kämpft bereits seit 1989 gegen die nordatlantische Völlerei. Selbstverständlich hat er auch eine eigene Seite im Internet (http://www. adbusters.org). Lasn zeigt sich auf jeden Fall siegessicher "Der Kauf-Nix-Tag wird der Feiertag des kommenden Jahrtausends".


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen