© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    02/00 07. Januar 2000


Interview: Hans-Manfred Roth über eine Neuorientierung der FDP
"Plazierung rechts von der CDU"
(JF)

Herr Roth, das traditionelle Hauptfest der Liberalen steht an, das Drei-Königs-Treffen der FDP in Stuttgart. Wird dies ein Tag der Besinnung auf liberale Werte?

Roth: Diese Veranstaltung ist für die Liberalen sehr wichtig. Sie wird in ganz Deutschland zur Kenntnis genommen. Es werden auch von den Repräsentanten der Partei viele kluge Dinge gesagt aber der Wahlbürger nicht erreicht werden. Leider wird es, wie so oft, wieder eine Jubelveranstaltung werden. Ich höre jetzt schon das Pfeifen im Walde.

Die Talfahrt der FDP hat sich verlangsamt, geht aber offenbar unaufhaltsam weiter. Der alte Witz: "FDP: Fast Drei Prozent" – Gilt inzwischen: Schön wärs?

Roth: Ja, wir torkeln von einer Wahlschlappe in die andere und die Führung verkündet ein Hilfs- und heilloses Aufbruchsprogramm nach dem anderen, die alle nichts fruchten. Wir sind nicht nah genug am Wähler dran, das ist unser Problem. Die FDP braucht zum Überleben einen eigenen Platz in der Parteienlandschaft. Ein Großteil der Parteioberen meint, man müsse grüner, radikalliberaler, feministischer und jünger werden. Jedoch dort wo man hinwill, ist das Gedränge groß. Es tummeln sich dort drei Parteien. Die FDP hat keine Chance, den Grünen, der SPD oder der PDS radikalliberale Wähler abzujagen. Die bisherigen Wähler der FDP mögen ungeliebte Wähler sein, die jedoch auch ihrerseits die FDP nicht besonders mögen. Doch es sind die einzigen, die die FDP noch im ausreichenden Maße hat, um die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen.

Wo sehen Sie denn den diesen Ausweg, den Ihre Parteiführer nicht erkennen?

Roth: Die Zeiten haben sich geändert. Als Mehrheitsbeschaffer werden wir nicht mehr gebraucht. Die linken Mitte ist heute ein buntes Biotop. Wir brauchen eine neue Plazierung im Parteiengefüge. Für mich ohne Frage: rechts von der CDU. Aber gegenüber solchenForderungen scheint die Parteiführung blind und taub.

Wollen die Parteiführer das nicht sehen?

Roth: Nein, die sehen das nicht. Die glauben tatsächlich an ihren Kurs, trotz aller Ohrfeigen, die der Wähler ihnen unablässig verpaßt. Dabei hat die FDP ein weit größeres Potential. Unter zehn Prozent ist für mich überhaupt nicht akzeptabel! Diese Partei ist kompetent, sie muß nur den richtigen Weg einschlagen! Dann wird sich die FDP vor Wählern nicht mehr retten können.

Das klingt wie politisches Schlaraffenland?

Roth: Das sind ihre Chancen, was sie daraus macht ist eine andere Sache. Sie müssen sehen, das sich die Partei bisher konsequent all den Problemen verweigert hat, die den Bürgern auf den Nägeln brennen. Aber die Partei hat gute Leute. An diesen mangelt es ihr nicht. Etwa Walter Döring, der Minister und Landesvorsitzende in Baden-Württemberg. Ich könnte ihn mir durchaus als den Mann vorstellen, der die Partei erneuert.

Wie sehen Sie denn jetzt "Ihre FDP"?

Roth: Sowohl als Partei der "wahren Mitte" wie auch als Rechtspartei. Rechts von der CDU, wie etwa die CSU, eben dort wo die FDP historisch herkommt.

Das bedeutet für Sie also keine Preisgabe von liberalen Inhalten?

Roth: Keineswegs, liberal und national sind keine Gegensätze.

Was halten Sie von den Aussagen des baden-würrtembergischen Bundestagsabgeordneten Ullrich Heinrich, der einen "Rechtsruck" für die FDP gefordert hat?

Roth: Das sind meiner Meinung nach halbe Sachen. Heinrich fordert, die FDP müsse bürgerlicher und freiheitlicher werden, aber auf keinen Fall nationaler. Das halte ich für falsch.

Sie glauben also, daß eine Bürgerlichkeit nur überzeugend sein kann, wenn sie gesund im Nationalstaat verwurzelt ist?

Roth: Ganz genau so ist es! Ich glaube schon, daß Walter Döring die Partei nach rechts führen will, nur auch nicht entschieden genug. Das sind zaghafte Versuche. Es fehlt unseren Parteichefs einfach an Mut. Die FDP bräuchte insgesamt mehr Mut. Nochmal: Diese Leute machen ihre Sache grundsätzlich gut, nur auf die falsche Weise. Ich mag Walter Döring, auch persönlich, und ich unterstütze ihn. Auch Wolfgang Gerhardt halte ich für einen guten Mann. Nicht die Personalfragen halte ich für vordergründig, sondern die Plazierung im Parteiengefüge. Den Liberalen stehen mit Sicherheit in naher zukunft noch einige Auseinandersetzungen im Richtungs- und Plazierungsstreit ins Haus. Demokratie lebt von der Meinungsvielfalt und der Auseinandersetzung. Auch die Innerparteiliche.

Brunner und Kappel sind ausgetreten. Alexander von Stahl kaltgestellt, die nationalliberalen Bezirke wie Stuttgart-Bad Cannstatt und Berlin-Tempelhof ausgegrenzt und stigmatisiert. Sind die Nationalliberalen nicht bereits gescheitert?

Roth: Ich darf Sie berichtigen: Manfred Brunner ist wieder FDP-Mitglied, und es wäre wünschenswert, wenn auch Heiner Kappel den Weg wieder zurück finden würde. Alexander von Stahl nimmt eine Auszeit, wird sich aber in Kürze wieder zurückmelden. Wo es Linke gibt, muß es auch Rechte geben, der Balance wegen.

 

Hans-Manfred Roth, 1936 in Zweibrücken geboren, ist Diplom-Ingenieur und Unternehmer. Seit 1982 Mitglied der FDP, ist er Bezirksvorsitzender der Bad Cannstatter FDP. Er gehört dem nationalliberalen seiner Partrei an.


 
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