© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    02/00 07. Januar 2000


Wissenschaft: Mit neuer Technik sollen die Afrikanischen Waldelefanten erforscht werden
Lauschangriff auf kleine Elefanten
Ulrich Karlowski/Ulrike Kirsch

Mit einer Abhöraktion besonderer Art wollen Biologen und Bioakustiker mehr über den stark gefährdeten Afrikanischen Waldelefanten (Loxodonta africana cyclotis) herausfinden. Die scheuen Dickhäuter sollen mit Hilfe von in ihrem gesamten Lebensraum verteilten Mikrofonen belauscht werden. Gestartet wird die Aktion im März 2000 in der Zentralafrikanischen Republik und dann im Mai in Ghana, eine Ausweitung auf weitere Regionen ist geplant. "Wir wissen fast nichts über diese Elefanten, da sie im Schutz der Urwälder leben. Angesichts der zunehmenden Bedrohung durch Wilderei und Elfenbeinhandel ist es dringend notwendig zu wissen, wie viele es noch gibt und was sie machen", erklärt Katharine Payne vom bioakustischen Forschungsprogramm des Cornell Laboratory für Ornithologie. Payne entdeckte, daß Elefanten mit Lauten im Infraschallbereich, die für das menschliche Ohr nicht hörbar sind, über mehrere Kilometer hinweg miteinander kommunizieren und sich so beispielsweise wiederfinden können.

Die Forscher erhoffen sich detaillierte Einblicke in das Verhalten der im Vergleich zum Savannenelefanten deutlich kleineren Waldbewohner, die man sonst nur kurzzeitig auf Lichtungen beobachten kann. Was Waldelefanten machen, wenn sie in den Wald zurückkehren, ist ein Rätsel. Mit der neuen Technik könne man jetzt sogar die genaue Position einzelner Tiere mit Hilfe einer Anordnung von vier Mikrofonen über ein spezielles Datenanalyseprogramm feststellen. In vergangenen Untersuchungen war es zudem durch Vergleiche mit Videoaufzeichnungen bei Savannenelefanten gelungen, den Ruf eines Tieres mit seinem Verhalten und den auslösenden Umweltbedingungen in Verbindung zu bringen. Laut Payne spiegeln Muster und Häufigkeit der Rufe auch Unterschiede zwischen kleinen und großen Gruppen wider, und oft kann man daraus schließen, was gerade passiert. "Bei der Paarung beispielsweise sind Elefanten sehr laut: Wenn die Kuh bestiegen wird, wiederholt sie meistens eine Reihe bestimmter Rufe", erklärt die Wissenschaftlerin.

Die Durchführbarkeit derartiger akustischer Zählungen bewies Christopher Clark, Direktor des bioakustischen Forschungsprojekts der Cornell-Universität, bei Walen. Sein Labor hat als erstes akustische Aufzeichnungen zur Überwachung von Wildtieren eingesetzt und computergestützte Instrumente zur Messung und Analyse von natürlichen Geräuschen entwickelt. Doch auch unnätürliche Geräusche wie die von Wilderern können erfaßt werden. Aufnahmetechniker Steve Gulick hofft: "Wenn es uns gelingt, über Satellit oder Funk in Echtzeit die Mikrofone abzuhören, lassen sich recht große Gebiete überwachen, was zur Zeit unmöglich ist. Daß gewildert wurde, entdecken wir erst, wenn wir durch ein Schlachtfeld voller toter Elefanten gehen." Auch andere gefährdete Arten, wie Gorillas und Nashörner, könnten mit der neuen Abhörtechnik beobachtet und so besser geschützt werden. Bleibt zum Schluß die Frage, warum ausgerechnet Ornithologen den Elefanten helfen wollen. Dazu John Fitzpatrick, Direktor des Cornell Laboratory für Ornithologie: "Unsere Mission lautet ausdrücklich, daß wir hier sind, um die Artenvielfalt unserer Erde zu erforschen und zu schützen. Alle Organismen, ob groß oder klein, sind miteinander verbunden. Elefanten sind eben zufällig eines der größeren Verbindungsglieder."


 
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