© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    04/00 21. Januar 2000


Spendenaffäre I: Volker Zeitz, Landesvorsitzender der Jungen Union in Mecklenburg, über die Zukunft der CDU
"Irgendwie erledigen wir uns selbst"
Jörg Fischer

Herr Zeitz, die CDU-Spendenaffäre schlägt immer höhere Wellen. Wie ist die Stimmung an der CDU-Basis und beim Nachwuchs?

Zeitz: Der CDU-Nachwuchs ist hier in Güstrow wie in ganz Mecklenburg noch spärlich vertreten... Das Problem, was ich sehe, ist: Hauptsächlich wird auch an der Basis über diese Spendenaffäre diskutiert; es ist ja das Thema in den Medien. Inhaltliche Probleme spielen zur Zeit leider keine Rolle.

Ist durch den Spendenskandal das Ansehen des Altkanzlers Helmut Kohl bei Ihnen im Lande beschädigt worden?

Zeitz: Ganz eindeutig: Es kratzt niemand bei uns hier am Denkmal Kohl. Und ich persönlich könnte dem Mann für seine geschichtliche Leistung noch immer die Füße küssen. Aber das ist nicht die entscheidende Frage in diesem Zusammenhang.

Wie reagieren SPD und PDS in Mecklenburg-Vorpommern auf die Affären?

Zeitz: Die nutzen die Situation geschickt für ihre Agitation aus und merken dabei nicht, daß sie mit diesen Spielchen der Demokratie im Allgemeinen großen Schaden zufügen. Der Landesgeschäftsführer der SPD fordert jetzt sogar eine Überprüfung aller Landesgeschäftsstellen durch den Landesrechnungshof. Doch der ist dafür gar nicht zuständig und darf das eigentlich nicht. Doch irgendwie muß ja etwas herausgekramt werden, damit man in der Öffentlichkeit von anderen Problemen ablenken kann. Und nicht zu vergessen: Irgendwie erledigen wir uns zur Zeit in der Öffentlichkeit selbst...

Auch der CDU-Chef Wolfgang Schäuble ist inzwischen in die Spendenaffäre verwickelt. Ole von Beust, CDU-Chef in Hamburg, sieht ihn dadurch angeschlagen, Friedhelm Ost, Ex-Regierungssprecher, oder Peter Gauweiler von der CSU fordern jetzt sogar den Rücktritt von Schäuble. Wie ist Ihre Meinung?

Zeitz: Herr Schäuble hat ganz eindeutig einen Fehler gemacht, das ist ja wohl ziemlich klar. Er wußte, daß er eine 100.000 Mark-Spende entgegengenommen hat und hätte dies offen zugeben sollen. Nur sehe ich momentan keine mögliche Alternative: Einen 70jährigen Herrn Biedenkopf als Bundesvorsitzenden? Nein. Ich halte viel von Herrn Biedenkopf, gar keine Frage. Doch das ist keine Lösung. Ich denke, Schäuble hat einen Fehler gemacht, und ich glaube, er kämpft da innerlich auch ganz schön mit sich. Doch nach wie vor halte ich Herrn Schäuble für den richtigen Bundesvorsitzenden, denn er hat ja mit Angela Merkel auch eine starke Generalsekretärin an seiner Seite. Und die Diskussion, die durch von Beust und andere losgetreten wurde, halte ich für abwegig und wenig hilfreich.

Trotzdem: Wer wäre im Falle eines Falles der richtige Nachfolger für Sie? Jemand von den Jüngeren?

Zeitz: Frau Merkel ist die Generalsekretärin und hat eine ganze Menge zu tun. Sie ist die richtige Generalsekretärin. Ich persönlich halte recht viel von Herrn Merz, aber der hat noch einen langen Weg vor sich. Aber ich möchte mich an der Diskussion nicht beteiligen, da ich sie für falsch halte. Es gibt wichtigere Dinge zu tun...

Für sie ist also die jetzige CDU noch zu retten. Italienische Verhältnisse drohen demnach nicht?

Zeitz: Daß wir italienische Verhältnisse haben, das halte ich für übertrieben. Wir sollten aber die momentane Lage zum Anlaß nehmen, um innerparteiliche Probleme schonungslos zu diskutieren und für einen inhaltlichen Neuanfang zu nutzen.

Wohin soll der Weg der CDU führen? Soll die CDU konservativer werden? Oder gehört einer Zusammenarbeit der CDU mit den Grünen die Zukunft?

Zeitz: Ich habe eigene Vorstellungen von der Zukunft der CDU und kann dabei für viele in der JU von Mecklenburg-Vorpommern sprechen. Ein Beispiel: Das Beste, was wir letztes Jahr hier im Land gemacht haben, war die Kampagne gegen den Doppelpaß. Das muß man mal ganz eindeutig feststellen. So einen Erfolg hatten wir seitdem überhaupt nicht mehr. Ich habe viele Stände zum Thema gemacht und intensiv mit den Leuten hier vor Ort gesprochen. Die haben mir die Geschäftsstelle fast eingerannt. Da wurde mir klar, das man sich wieder mehr mit dem Volk einlassen sollte und es richtig wäre, wieder mehr konservative Politik zu machen. Es geht mir ja in meiner politischen Arbeit nicht um einzelne Politiker und deren Fortkommen oder Bereicherung, sondern es geht hier um Mecklenburg-Vorpommern oder in Berlin um Deutschland. Wir sind der Ansicht, diese ganze Diskussion um die Mitte als eine neue politische Richtung, die überhaupt nicht richtig definiert ist, die kann so nicht stehen bleiben. Und ich bin schon persönlich mehr für konservative Sachen, das hat der Koch in Hessen bewiesen, damit hat er Wahlen gewonnen.

Also sind Sie für die CSU-Linie?

Zeitz: Es spricht ja nichts dagegen.

Die Wahlen in Schleswig-Holstein stehen vor der Tür. Wie sind die Aussichten der CDU?

Zeitz: Ich denke, es wird trotz allem ein Kopf-an-Kopf-Rennen, wenn wir wieder Inhalte rüberbringen können. Unsere Themen sind die der Menschen vor Ort, damit können wir die Wahlen gewinnen. Die SPD hat inhaltlich nichts zu bieten.

 

Volker Zeitz, 1967 in Wuppertal geboren, ist CDU-Mitglied und seit Dezember 1999 amtierender Landesvorsitzender der Jungen Union (JU) in Mecklenburg-Vorpommern. Aufgewachsen in Hannoversch-Münden absolvierte er zunächst eine Ausbildung zum Groß- und Einzelhandelskaufmann. 1992 kam er zum Betriebswirtschaftsstudium ins pommersche Stralsund. Seit 1994 in der JU, war er von 1995 bis 1996 deren Kreisvorsitzender in der Hansestadt und wurde im gleichen Jahr in den Landesvorstand gewählt. 1998 stieg er zum stellvertretenden JU-Chef im Land auf. Seit Januar 1999 ist er Kreisgeschäftsführer der CDU im mecklenburgischen Güstrow. Bis Juli 2000 amtiert der 32jährige als JU-Landesvorsitzender, da der gewählte Vorsitzende Andreas Lange sein erstes Staatsexamen schreibt.


 
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