© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    05/00 28. Januar 2000

 
Zeitschriftenkritik: Antifa
Ideologisch einseitig
Werner Norden

Antifa erscheint nunmehr im 24. Jahrgang. Sie ist das Nachfolgeorgan der ehemaligen DDR-Zeitschrift Der antifaschistische Widerstandskämpfer, die im Dezember 1989 eingestellt wurde, weil ab diesem Zeitpunkt offenbar die liebgewonnenen Subventionen der Staatspartei ausblieben. Herausgeber des Blattes ist der "Interessenverband ehemaliger Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand, Verfolgter des Nazi-Regimes und Hinterbliebener e.V." (IVVdN), der im März dieses Jahres mit dem "Bund der Antifaschisten" (BdA) einen gemeinsamen Vorstand als Dach eines künftigen generationsübergreifenden Verbandes bilden wird. Dies wird als "ein wichtiger Schritt zu einer gesamtdeutschen antifaschistischen Organisation" gewertet.

Dabei widmet sich Antifa jedoch stärker als ähnliche Organe westdeutscher Prägung, die mehr den aktuellen Kampf gegen "Rassisimus und Neofaschismus" auf ihre Fahnen geschrieben haben, einer Traditionspflege, die streckenweise ziemlich nostalgisch wirkt, unternimmt nebenbei aber dennoch den Versuch, so etwas wie eine "antifaschistische" Ideologie zu etablieren, wobei die Schwierigkeit, mit dieser Art von Geschichtspolitik Jugendliche zu begeistern, offen angesprochen wird. Neben dieser Thematik berichtet die Zeitschrift vornehmlich über Ausstellungen, die Pflege von KZ-Gedenkstätten, die Zwangsarbeiterproblematik, Aktuelles zum Rentenrecht – was auf ein relativ hohes Durchschnittsalter der Leser hinweist – und Demonstrationen gegen "rechts". Dies ist zumeist wenig aufregend, eher fast beschaulich und wird abgerundet durch einen umfangreichen Rezensionsteil, in dem die einschlägige Literatur in bewährter Einseitigkeit vorgestellt und empfohlen wird.

Am bemerkenswertesten ist in der jüngsten Ausgabe der Abdruck einer Rede der niedersächsischen Kultusministerin Renate Jürgen-Pieper (SPD), welche diese anläßlich der Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Befreiung des Lagers Bergen-Belsen gehalten hat, und in der Vertriebene, Ausgebombte, Kriegerwitwen und militärische Wider-ständler auf eine Stufe mit den "Tätern" gestellt werden. Nach der Lektüre dieser Rede versteht man besser, warum das Volk für unsere politische Klasse mehrheitlich nur noch tiefe Verachtung übrig hat. Nachdem auch in diesem Jahr wieder ein "antifaschistischer" Jahrestag zu feiern ist, der 55. Jahrestag der "Befreiung vom Faschismus", dürfen sich alle, die mit dieser Art von Geschichtsbildvermittlung kaum etwas anzufangen wissen, schon auf einiges gefaßt machen, wenn die zugespitzte "Kultur des Erinnerns" neuerlichen Höhepunkten zustrebt.

Für den recht zähen, manchmal gar ungenießbaren Inhalt der Zeitschrift entschädigt bei der Januar 2000-Ausgabe immerhin das Titelbild mit einer wunderschönen Grafik des Sängers und Schauspielers Ernst Busch ("Riego-Marsch", "Mamita Mia"), der am 22.Januar einhundert Jahre alt geworden wäre.

"antifa" erscheint monatlich bei AVZ, Am Treptower Park 28-30, 12435 Berlin. Einzelpreis 3,80 Mark, das Jahresabo kostet 45,60 Mark


 
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