© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    07/00 11. Februar 2000


Streit: Deutsche Tierheime wollen sich gegen die Aufnahme von "Kampfhunden" sperren
Wer Hunde tötet, wird angezeigt
Gerhard Quast

Regelrecht erbost zeigt sich der Deutsche Tierschutzbund über die ersten Reaktionen auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) über die Zulässigkeit von "Kampfhundesteuern". Durch eine solche Sondersteuer für bestimmte Hunderassen werden verantwortungsvolle Halter gezwungen sein, ihren Hund abzugeben. Schon jetzt seien aber die Tierheime in Deutschland überfüllt, nicht zuletzt durch vermehrte Abgabe von Hunderassen, die als "Kampfhunde" diskriminiert würden. Wenn jetzt durch das Urteil des BVerwG eine erhöhte Hundesteuer für "Kampfhunde" für rechtens erklärt werde, dann sei zu befürchten, daß noch mehr dieser von Kommunen willkürlich festgelegten "Kampfhunderassen" in Tierheime abgeschoben werden.

Bereits unmittelbar nach dem Berliner Urteil kündigten einige Kommunen an, eine solche erhöhte Steuer einführen zu wollen. In Berlin ist beispielsweise eine "Kampfhundesteuer" in der Diskussion, die den normalen Hundesteuersatz um ein Vierfaches übersteigen würde. Die Auswirkungen einer solchen Steuerpolitik seien abzusehen, so der Tierschutzbund: Die ohnehin überfüllten Tierheime werden die zusätzlichen Hunde nicht bewältigen können.

Der Tierschutzbund geht deshalb in die Offensive: Vergangene Woche teilte Tierschutzbund-Präsident Wolfgang Apel mit, daß er seinen Mitgliedsvereinen rät, in den Kommunen, in denen eine "Kampfhundesteuer" eingeführt wurde bzw. wird, die auf solchen Rassenlisten aufgeführten Hunde in ihren Tierheimen nicht mehr aufzunehmen. Dies betrifft vor allem American Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bull Terrier, Fila Brasileiro, Mastiff, Mastino Napoletano, Mastin Español, Bordeaux-Dogge, Kuvasz, Dogo Argentino und Rhodesian Ridgeback.

"Der ehrenamtliche Tierschutz ist nicht der Ausputzer der Gemeinden", so Apel. "Eine erhöhte Steuer ist keine Lösung und dient höchstens dem Zweck, die Kassen der Gemeinden zu füllen."

Wenn Kommunen meinen, sie müßten über Rassenlisten Sonderfälle definieren, dann muß auch für die Sonderfall-Betreuung gesorgt werden. Gleichzeitig drohte der Tierschutzbund mit strafrechtlichen Konsequenzen, sollten Gemeinden sich veranlaßt sehen, Hunde einzuschläfern. In solchen Fällen sieht sich der Tierschutzbund veranlaßt, Strafanzeigen wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz zu stellen. In dem Gesetz heißt es: "Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet" (§ 17 Abs 1).

Der 1881 als Dachverband gegründete Deutsche Tierschutzbund hat nach eigenen Angaben rund 700 örtliche Tierschutzvereine organisiert. Diese betreuen bundesweit 496 vereinseigene Tierheime. Mit insgesamt mehr als 700.000 Mitgliedern ist der Tierschutzbund Europas größte Tier- und Naturschutzdachorganisation. Finanziert wird er durch die regionalen Tierschutzvereine, die an die Dachorganisation eine Mark pro Mitglied und Jahr abführen. Der überwiegende Teil der Beiträge fließt in die Arbeit der Vereine, insbesondere in die Unterbringung und Versorgung in Not geratener Tiere.

Wie die JUNGE FREIHEIT auf Nachfrage erfuhr, ist die Kampagne des Tierschutzbundes bei den Betreibern der Tierheime auf "überaus positive Resonanz gestoßen", so Pressesprecher Thomas Schröder. Zwar sei es keine leichte Entscheidung, Tiere abzulehnen, der Dachverband habe jedoch "volle Rückendeckung". Der Deutsche Städtetag, der von der Aktion des Tierschutzbundes "zwar gehört hatte", wollte sich zu der Kampagne selbst aber nicht äußern. Eine Sprecherin betonte lediglich, daß das BVerwG-Urteil begrüßt wurde, weil Städte damit die Möglichkeit hätten, "das Problem der Kampfhunde zu lenken".


 
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