© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    09/00 25. Februar 2000

 
In Schleswig-Holstein hat der Wähler das Wort
Alexander Schmidt

Am kommenden Sonntag haben 2,1 Millionen Bürger in Schleswig-Holstein den Landtag neu zu wählen, erstmals für den Zeitraum von fünf Jahren. Neu ist auch das Wahlrecht, daß die Wahl eines Direktkandidaten mit der Erststimme und die Landesliste einer Partei mit der zweiten Stimme ermöglicht. Bisher verfügen die Sozialdemokraten mit ihrer Spitzenkandidatin Heide Simonis über 33 Sitze (39,8 Prozent) und liegen nach aktuellen Umfragen bei 45 Prozent. Erstmals wird der SPD, die seit ihrer absoluten Mehrheit mit 54,8 Prozent nach und nach Wähler verlor, also ein Stimmenzugewinn prognostiziert.

Die Union liegt dagegen in einer Umfrage von infratest bei nur noch 33 Prozent, Forsa schätzt sie bei 37 Prozent ein. Während die Bündnisgrünen im vergangenen Wahljahr fast eine Verdoppelung ihrer Stimmenerreichten, von 4,97 auf 8,1 Prozent, muß die Partei jetzt um den Wiedereinzug bangen. Infratest und Forsa gehen von 4,5 bis 5 Prozent für die Grünen aus. Dagegen liegt die FPD in Prognosen bei sechs (Forsa) bis 9,5 Prozent (Infratest), was in beiden Fällen ein Gewinn für die Liberalen dastellen würde. Zuletzt waren sie mit 5,7 Prozent der Stimmen und vier Sitzen in Kiel vertreten.

Spannend wird die Frage, wieviele Stimmen die Partei der dänischen Minderheit, der Südschleswigsche Wählerbund (SSW), erreichen wird. Im Gegensatz zu den anderen antretenden Kleinparteien – Die Grauen, Feministische Partei, NPD, die Partei bibeltreuer Christen, PDS und Statt-Partei – ist der SSW von der Fünf-Prozent-Hürde befreit. Der SSW kündigte bereits an, eine Minderheitsregierung der Sozialdemokraten zu tolerieren. Republikaner und Deutsche Volksunion (DVU) treten bei der Wahl nicht an.

Die größten Sorgen der norddeutschen Politiker liegen in der allgemeinen Politikverdrossenheit, die nach einem Meiungsforschungsinstitut bundesweit bei fast einem Drittel aller Wähler dazu führt, von der Urne fern zubleiben. Da die Landtagswahl in Schleswig-Holstein die erste nach den Parteiskandalen im Bund ist, fürchten viele die Wahlmüdigkeit der Bevölkerung. Deshalb rief der Landtagspräsident besonders dazu auf, das Wahlrecht als inner Wahlpflicht zu betrachten und nicht die Stimme zu verweigern. In den vergangenen Jahren lag die Wahlbeteiligung bei knapp 72 Prozent.


 
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