© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    11/00 10. März 2000

 
Susanne Riess-Passer
Kämpferische Frontfrau
von Thorsten Thaler

Aus ihrer Lebensplanung hat sie nie einen Hehl gemacht. Familie und der Wunsch nach einem Kind, das sei für sie das Wesentliche, vertraute Susanne Riess-Passer vor gut zwei Jahren einem Journalisten an. Spätestens nach den Nationalratswahlen im Oktober vergangenen Jahres wollte sich die heute 39jährige FPÖ-Politikerin wenigstens vorübergehend aus der Politik in ihre Wahlheimat Tirol zurückziehen. Inzwischen ist Susanne Riess-Passer Vizekanzlerin Österreichs und seit voriger Woche auch designierte Nachfolgerin Jörg Haiders als Chef der Freiheitlichen.

Der überraschende Rückzug Haiders hat die promovierte Juristin erneut ins Rampenlicht der Öffentlichkeit rücken lassen. Seit Jahren gehört sie zum engsten Führungskreis um Haider, der ihre Karriere früh gefördert hat und dem sie loyal verbunden ist. Nachdem Haider 1987 den Vorsitz der damals ziemlich maroden FPÖ erobert hatte, holte er sich Susanne Riess-Passer als Chefin der FPÖ-Presseabteilung an seine Seite. Davor hatte die im oberösterreichischen Braunau am Inn geborene Riess-Passer als Pressemitarbeiterin die Nordische Ski-Weltmeisterschaft und als Organisationsreferentin die 600-Jahr-Feier der Bruderschaft St. Christoph betreut.

In der FPÖ machte sie schnell Karriere: Pressereferentin, stellvertretende Parteivorsitzende, geschäftsführende Vorsitzende, Vorsitzende der Bundesratsfraktion, Mitglied im Europäischen Parlament, Landtagsabgeordnete in Tirol, Nationalratsabgeordnete, Vizekanzlerin. Am Dienstag voriger Woche schließlich verkündete Haider: "Ab sofort wird die Susi Riess meine neue Chefin sein. Ich bin ihr unterstellt und habe in ihrem Auftrag zu handeln."

Die Salzburger Nachrichten attestierten ihr "Intelligenz" und "Manieren", in der Partei spricht man ehrfürchtig von der "Königskobra". An der eloquenten designierten Parteichefin wird es sein, die FPÖ aus der Schußlinie internationaler Empörung zu führen, ohne die Identität der Partei aufzugeben. Ein klassischer Auftrag eines Krisenmanagers. Dabei sind die Rollen gut verteilt: Für das Ausland der "bad guy" Jörg Haider ins ferne Kärnten als Landeshauptmann verbannt, in Wien am Kabinettstisch die freundliche und Harmonie ausstrahlende Vizekanzlerin als Parteivorsitzende einer geläuterten FPÖ.

Wenn die Stunde kommt, wird Jörg Haider wie Kai aus Kiste springen und wieder als Spitzenkandidat der FPÖ den Sturm aufs Kanzleramt führen – vorausgesetzt, die Entwicklung verselbständigt sich nicht und Frau Riess-Passer kann der Partei ihren unverwechselbaren Stempel aufdrücken, was nicht auszuschließen ist. So sagt sie von sich zweideutig: "Es ist für mich ein Kompliment, als weiblicher Jörg Haider bezeichnet zu werden. Denn so verstehe ich meine politische Linie."


 
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