© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/00 24. März 2000

 
Meldungen

Verhältnis China-Taiwan bleibt weiterhin explosiv

TAIPEI. Die Chinesen auf der früheren Insel Formosa – heute Taiwan – wählten am Sonntag den 49 Jahre alten Juristen Chen Shui-bian aus der führenden Oppositionspartei "Democratic Progressive Party" (DDP) zu ihrem Präsidenten. Das Verhältnis zwischen der rund acht Millionen Einwohner zählenden Republik Taiwan und der Volksrepublik China bleibt damit explosiv. Denn China sieht Taiwan aufgrund seiner Geschichte als unabdingbaren Bestandteil der Volksrepublik an, und der frischgewählte Präsident provozierte das große Nachbarland mit der Forderung nach unabhängiger Souveränität von China. Die chinesische Regierung reagierte zwar unerwartet zurückhalten und gab sich offiziell dialogbereit. Doch wurde damit nach Expertenmeinung eine Konfrontation nur hinausgezögert. Die Korruption und Demokratisierung der Staatsorgane sind eigentlich die Hauptthemen von Chen Shui-bian. Er versucht, das Reizthema der Unabhängigkeit Taiwans, das durchaus ein zentraler Programmpunkt der DDP ist, zu entschärfen und die Furcht vor einer Änderung des Status quo zu zerstreuen. Chens Ersatzformel für das Verhätnis zu Rot-China, "besondere Beziehungen zwischen zwei Ländern", unterscheidet ihn kaum von seinen unterlegenen Mitbewerbern.

 

Österreich-Boykott gilt auch für flämische Minister

BRÜSSEL. Der Außenminister von Flandern, Johan Sauwens, distanzierte sich im Namen des "offiziellen Flanderns" von "diversen schädlichen Aussagen einiger belgischer Politiker" und wollte daher auf Einladung des Exportattachés Schiltz Wien besuchen. Mit dem Besuch sollte verhindert werden, daß sich die politischen Schwierigkeiten zwischen Österreich und Belgien auf die flämische Wirtschaft ausdehnen. Doch aus der Visite zu Sauwens neunundvierzistensten Geburtstag wurde nichts: Nachdem die belgische Regierung genügend Druck auf die Regionalregierung von Flandern ausgeübt hatte, kam es nur zu einem "technischen Besuch" von Kabinettschef Hugo Van Driessche und seinem Vize Johan De Graeve. Der liberale flämische Premier Patrick Dewael begründete sein Besuchsverbot damit, daß "eine bestimmte Wiener Presse" und Winer Politiker diesen Besuch "instrumentalisieren" könnten. Van Driessche und De Graeve gehören wie Sauwens zur Volksunie, deren Parteichef ein Verbot des "rechten" Vlaams Blok gefordert hatte.

 

Protest verhindert Ehrung von Präsident Tiso

PRESSBURG. Ein internationaler Proteststurm hat im slowakischen Sillein (Zilina) die Anbringung einer Gedenktafel zu Ehren des ersten slowakischen Präsidenten Josef Tiso verhindert. Fast einstimmig hatte der von Bürgermeister Jan Slota geführte Stadtsenat beschlossen, am "Katholischen Haus" des Ordens der "Schwestern des heiligen Franziskus" die Tafel anzubringen. Slota, Mitglied der Slowakischen Nationalpartei, lobte den katholischen Priester Tiso als "großen Slowaken" und Staatsgründer. Nach Rücksprache mit Berlin hatte der slowakische Landtag am 14. März 1939 die Unabhängigkeit des Landes erklärt. 1941 beschloß die slowakische Regierung mit dem "Judenkodex" die Grundlage für Judendeportationen in deutsche Vernichtungslager. Tiso rettete allerdings auch per Erlaß Tausenden Juden das Leben. 1945 wurde er zum Tode verurteilt und erhängt.


 
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