© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/00 24. März 2000

 
Zeitschriftenkritik: Metapo
Mehr Mut zur Originalität
Werner Olles

Metapolitik im Angriff zur Neugeburt Europas – kurz Metapo – nennt das Kasseler "Thule-Seminar" seine neue Vierteljahres-Zeitschrift. Als "Werkstatt der kulturellen Revolution, in der die Mechanismen des Systems konsequent demontiert werden", ist ihr die Aufgabe zugedacht, "unsere Ideen durch Ritus und Feier in die tägliche Wirklichkeit hineinzutragen". "Metapo" will "revolutionieren, nietzscheisieren (und) die Richtung weisen zu einem globalen Aufdämmern, einem Erwachen zu volklich-jugendlichem Licht". Einmal mehr soll die "radikale und kompromißlose Abkoppelung von allen rechten, konservativen oder linken Geleisen, die allesamt in eine Sackgasse führen" verwirklicht werden. Nach dem Willen ihrer Leiter Pierre Krebs und Burkhart Weecke soll die Zeitschrift "die Fahne werden, die das helle, heilige Morgen ankündigt".

Daß vor der "Morgenröte des Ethnos, eines Europäertums der heidnischen Besinnung und der zukunftsweisenden Moderne an der Schwelle des XXI.Jahrhunderts" noch allerhand aufzuräumen und abzuarbeiten ist, läßt zumindest Chefredakteur Armin Hanke in seinem etwas weniger pathetischen Geleitwort durchblicken. Aspekte des kulturellen Lebens, Film, Musik und Literatur sollen kommentiert werden, politische Sachverhalte, die Gesellschafts- und Weltordnung betreffend, analysiert, Brauchtum dem Vergessen entrissen und mittels eines handlungsweisenden "Ahnenrates" die Vorfahren gewürdigt werden. Schließlich sollen die metapolitischen Zellen des "Thule-Seminars" hier über ihre Aktivitäten berichten können.

Das hört sich in der Tat nicht übel an, und so blättert man dann ein wenig in der ersten Ausgabe und findet auch ein paar ganz interessante Beiträge: Zum Beispiel Hankes Text über die "Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften", die sich längst zu einer "posttotaliären" Zensurbehörde entwickelt hat und im "freiesten Staat der deutschen Geschichte" (Franz Josef Strauß) beschlagnahmt und verbietet, was das Zeug hält. Skandalös ist dabei wohl vor allem, daß diese Behörde - im offenen Widerspruch zu ihrem Titel - auch Erwachsene wie unmündige Kinder behandelt und bevormundet, eine in Europa und weltweit, außer in Nord-Korea, China und Kuba, wohl einmalige Angelegenheit. Aufschlußreich und einleuchtend ist auch ein Aufsatz des 1991 verstorbenen Sozialwissenschaftlers Jaques de Mahieu "Wider die egalitäre Naturrechtlerei", in dem dieser den Verlust der Sprachen der Völker und ihre langsame Ersetzung durch "ein nach den Prinzipien des Pidgin-Englisch geformtes internationales Kauderwelsch" beklagt.

Die Würdigung zum 40. Todestag des Schriftstellers Hans Grimm las man allerdings bereits vor längerer Zeit nahezu wortgleich in der jungen freiheit. Anstatt sich mit fremden Federn zu schmücken, hätte das "Thule-Seminar" in diesem Fall vielleicht seine eigene Parole "Mit neuem Mut zur Originalität, zu Eigenart und Identität" beherzigen sollen. Werner Olles

Anschrift: Postfach 410347, 34065 Kassel. Jahresabo: 30 DM, Studenten, Schüler, Lehrlinge, Arbeitslose: 20 DM


 
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