© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/00 31. März 2000

 
Kino: "Knocked out – Eine schlagkräftige Freundschaft"
Ultimative Kraftprobe
Ellen Kositza

Bevor in meiner Heimatstadt kürzlich ein gigantisches Multi-Mega-Cinema eröffnete, gab es hier nur ein einziges Filmtheater, ein Gossenkino. Es fungierte im wesentlichen als Treff von Türken- und Marokkanerbanden, und begab man sich dennoch einmal in einen der Vorführungssäle, verließ man das Kino kaum ohne Kaugummi an der Hose, Popcorn im Haar und einige Angebote, von denen man niemals Gebrauch machen würde.

Ein solches Kino verlangte nach bestimmten Filmen. Dort liefen gewöhnlich ein Zeichentrickfilm für den nordafrikanischen Nachwuchs, ein schlechter Klamaukstreifen à la "Police Academy", außerdem ein grausiger Splatterfilm oder irgend etwas anderes sinnloses Amerikanisches, für gewöhnlich Filme über Männer, die mit schnellen Autos durch die Gegend fahren, mittels äußerst eingeschränktem Code kommunizieren und gelegentlich einer ansonsten unwichtigen Frau beischlafen.

Der Normalbürger mag über solche Filme staunen und sich fragen, wo denn das Publikum dafür zu finden sei. Man schicke den Stirnrunzelnden in Offenbachs Innenstadt. Der neue Film für Offenbachs Jugend (und nicht nur die) nennt sich "Knocked Out – Eine schlagkräftige Freundschaft", Regisseur ist Ron Shelton, dessen Film "Weiße Jungen bringen‘s nicht" bereits einschlägige Erfolge feierte.

Es geht um die Freunde Cesar Dominguez (Antonio Banderas) und Vince Boudreau (Woody Harrelson), Mittelgewichtsboxer und Sparringpartner, die seit Jahren keinen größeren Kampf mehr bestritten haben. Das überraschende Angebot eines Boxpromoters nun verspricht eine Menge Geld: Beide sollen – als Vorspiel zu einem Mike-Tyson-Auftritt – in Las Vegas noch am selben Abend gegeneinander boxen. Cesar, Vince und Grace (Lolita Davidovich), die Freundin des ersteren und Ex-Freundin des anderen, brausen nun in einem "schnittigen 1972er Oldsmobile-Cabrio" (Presse-Info) von L.A. nach Las Vegas. So eine lange Fahrt durch wüstengleiche Landschaft kann zur Folter werden – vor allem für den Zuschauer, der solange mit dem nichtigen Geplänkel der drei hingehalten wird, bis er, lange bevor die beiden Freunde in Las Vegas in den Ring steigen, mit Sicherheit weiß, hier im falschen Film zu sitzen. Also: Grace beendet in einem Nebensatz ihre Beziehung zu Cesar, der Verlassene tobt und flucht und zeigt somit genau den von Grace gewünschten Effekt – eine ordentliche Wut im Bauch, um möglicherweise den Kampf gegen Vince zu gewinnen. Als nächstes wird eine hübsche Anhalterin mitgenommen (Lucy Liu), die Vince bei der nächsten Rast einen Quicky gewährt, woraufhin sich nun auch die beiden Frauen anfeinden, ohne daß dies sich zu einer sonderlich spannenden Angelegenheit entwickeln würde.

Was also bietet dieser Film? Eine Frage, die offen bleiben muß, zumal nicht einmal Banderas und Harrelson als, sagen wir, bloßer Anblick gnädiger zu stimmen vermögen. Allzu blödes Palaver macht eben auch unattraktiv. Man sollte sich natürlich davor hüten, Schauspieler über ihre Rollen zu identifizieren, aber nach Woody Harrelsons Hauptrolle im genialen Oliver-Stone-Film "Natural Born Killers" hätte man eine Figur wie Vince Boudreau, gegeben von eben diesem Harrelson, für schlicht unmöglich gehalten.

Die ultimative Kraftprobe stellt somit keineswegs der harte Ringkampf der beiden Freunde dar, sondern vielmehr das Ausharren der Rezensentin in diesem Film.


 
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