© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/00 07. April 2000


Dem Affen Zucker geben
von Richard Stoltz

Die Vorschläge von SPD-Generalsekretär Franz Müntefering für mehr Mitspracherechte und Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger an bundespolitischen Entscheidungen sind weder neu noch originell. Seit Jahren fordern Bürgerinitiativen und Vertreter nicht-etablierter Parteien die Einführung von Volksentscheiden und Volksabstimmungen auf Bundesebene. Immerhin aber zielt der Vorstoß Münteferings in die richtige Richtung. Worauf es jetzt nur ankommt, ist die konkrete Umsetzung. Gerne nämlich kaschieren Politiker die Fortsetzung ihrer "Alleinherrschaft" über den Souverän mit einem Tapetenwechsel dann und wann. Renovieren ist aber nicht restaurieren, und auch unter neuer Tünche bilden sich bald wieder Flecken.

Es wäre nicht das erste Mal, daß Beteiligungsrechte gewährt, dann aber de facto so gestaltet werden, daß nur noch hauptamtliche Staatsbürger Zeit und Nerven aufbringen, Demokratie lebendig zu machen. Selbst wenn die Absichten ehrlich sind, darf nicht unterschätzt werden, daß das Instrument der Volksbeteiligung für die alte Tante SPD seit jeher lediglich Legitimationsargument im politischen Kampf gegen ältere Autoritäten wie Kirche, Kapital und Staat war. Einmal an die Macht gekommen, empfand sich die SPD dann letztlich immer selbst schon als Verkörperung des direktdemokratischen Prinzips. Diese angeborene basisdemokratische Schwerfälligkeit könnte auch gutgemeinten Anläufen schnell zum Verhängnis werden. Und am Ende heißt es dann vielleicht doch wieder nur: Gib’ dem Affen Zucker.


 
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