© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/00 07. April 2000

 
Stille Reserven
Parteivermögen: Die SPD ist an vielen Zeitungen beteiligt
Christian Schultz

Für die finanziellen Schwierigkeiten der CDU infolge der Spendenaffäre kann man sich im "Willy-Brandt-Haus" mit Blick in die eigenen Kassenbücher höchstens ein süffisantes Lächeln abringen. Dort wacht die Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier nicht nur über die pünktlichen Beitragszahlungen, sondern auch über den in den letzten Jahren stetig gewachsenen Unternehmensbereich der SPD. Bei näherer Betrachtung des Geschäftsberichtes wird klar, daß die Schröder-Partei die CDU nicht nur in den Meinungsumfragen weit hinter sich gelassen hat.

Von der mancherorts beschworenen Strukturkrise der Parteien ist bei der ehemaligen Arbeiterpartei nichts zu spüren, vielmehr ist sie zum Krösus in der Parteienlandschaft avanciert. Mit einem 1998 ausgewiesenen Gesamtvermögen von 297 Millionen Mark hat die SPD die kränkelnde Union um mehr als das dreifache geschlagen. Die Zeichen der Zeit hat man früh erkannt und sich nach zusätzlichen Einnahmequellen neben der staatlichen Wahlkampfkostenrückerstattung umgesehen. Mit den sieben bis zehn Millionen Mark Erlös des Unternehmensbereiches wird neuerdings ein entscheidender Beitrag zu den Tilgungen für die ebenfalls frischbezogene SPD-Zentrale geleistet.

So ist die SPD mit unterschiedlich hohen Anteilen an 19 Zeitungen in ganz Deutschland beteiligt. Als "verborgenen Schatz" kann man die 40prozentige Beteiligung an der Sächsischen Zeitung des Gruner+Jahr Verlages nach Expertenmeinung bezeichnen, die eine der auflagenstärksten Zeitungen in den neuen Ländern ist, doch auch die zehn Prozent Anteil an der Leipziger Volkszeitung des Axel-Springer Verlages Madsack und die ebenso große Beteiligung an der Westfälischen Rundschau der WAZ-Gruppe bringen die SPD an die Tische der großen Verlagshäuser. Die Ausführung im Geschäftsbericht "der Unternehmensbereich, in dem Beteiligungen an Druckereien und einigen Regionalzeitungen zusammengefaßt sind", mutet angesichts eines Gesamtwertes der Besitztümer von 500 Millionen Mark und einer täglichen Gesamtauflage von fast 2,5 Millionen Exemplaren schon fast als böswillige Untertreibung an. Schon werden "Spielverderber" laut, die das rote Medienimperium zwangsauflösen wollen. So prüft der für Parteienfinanzierung sensibilisierte Wolfgang Thierse, ob nicht bei seiner Partei eine verdeckte Parteienfinanzierung vorliegt.

Probleme hat neuerdings Erich Schumann, der Verleger der Essener Zeitungsgruppe WAZ, die traditionell als SPD-nah gilt. Schumann folgte dem Ruf Helmut Kohls und spendete aus eigener Tasche 800.000 Mark für die Wiedergutmachungskampagne des Ex-Kanzlers. Daraufhin kündigten rund 800 Leser ihr Abonnement, Tendenz steigend. Dem Zeitungsmacher ist die Parteinähe nicht bekommen, nicht genug daß er die erbosten Leser beruhigen muß, sogar der pikierte Betriebsrat hat den Chef zu einem klärenden Gespräch gebeten.

Nach dem Grundgesetz wirken die Parteien lediglich an der politischen Willensbildung mit. Wo nun aber Beeinflußssung aufhört und Manipulation anfängt, definieren die Volksvertreter selbst, daher ist kaum mit der Aufgabe der Mediennähe zu rechnen.


 
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