© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/00 07. April 2000

 
Zitate

"Doch längst steht fest, daß die Ökonomisierung aller Lebensbereiche vor Kultur und Familie, Religion und Heimat nicht haltmacht. Die Familie widerstreitet den modernen Kultbegriffen Flexibilität und Individualisierung, die multikulturelle Gesellschaft den regionalen Identitäten und die Globalisierung dem Heimatbegriff. Das neue Wirtschaftssubjekt ist unbehaust, da es auch im Nationalstaat, der letzten Rückzugslinie der ’Aufhalter‘ und ’Bewahrer‘, keinen Ankerplatz mehr findet. Doch im Gegensatz zu den Funktionseliten der globalisierten Wirtschafft, die ohne Halt an überkommenen Strukturen leben können, sind die Menschen mehrheitlich auf eben jene zum Teil unwirtschaftlichen Strukturen zum Überleben angewiesen."

Alexander Gauland, Herausgeber der "Märkischen Allgemeinen Zeittung", in der "Welt" vom 1. April

 

 

"Die deutsche Arbeitsschlacht wird international. Wie viele der mit leuchtender Reklame verpackten Reformen kuriert der Import intellektueller Arbeitskräfte (’Green Card‘) leider nur die Symptome der derzeitigen Krise – gleich einer schnell wirkenden, aber zwecklosen Betäubungsspritze. Sprachliche und kulturelle Hindernisse, fachliche Schwierigkeiten sowie mühsamer Reexport werden diese Wundermedizin schnell zu einem teuren Vergnügen machen. Um unkalkulierbare Präzedenzfälle zu vermeiden und die wahren Problemursachen zu beseitigen, sollte Deutschland kurzfristig an zwei Fronten kämpfen: Erstens müssen wir alle geflüchteten Deutschen durch wirklich attraktive Angebote zurückködern. Zweitens sind wir verpflichtet, unsere Arbeitslosen von heute im Eiltempo zu Wissensarbeitern von morgen umzuqualifizieren."

Kai-Alexander Schlevogt, Professor an der Pekinger Universität, in der "Wirtschaftswoche" vom 30. März

 

 

"Vielleicht ist für mich das größte Rätsel, wie wenig die Jugend in Deutschland ein Bedürfnis und eine Sehnsucht hat nach kultureller Geschichte. (…) Die große kulturelle Tradition dieses Landes scheint bei den Jugendlichen fast vergessen zu sein. Deutschland beginnt für sie 1945, beginnt in Schuld, und alles andere davor wird auf diesen Punkt bezogen. Das ist mir einfach das größte Rätsel: Wie kann man, anders als Engländer oder Franzosen oder Italiener, so ohne jeden Bezug zur Kulturgeschichte des eigenen Landes sein?"

Klaus von Dohnanyi, von 1981 bis 1988 Erster Bürgermeister in Hamburg, im "Hamburger Abendblatt" vom 25. März

 

 

"Der Einwanderungsdruck aus den armen Ländern ist ein reales Problem, das mit Verboten und Quoten nicht aus der Welt zu schaffen ist. Dennoch nimmt die Bundesrepublik mehr Menschen als die anderen EU-Länder auf, und das ist nicht Schicksal, sondern kompliziertes Ergebnis historischer Zwänge, wirtschaftlicher Konjunktur und mangelnden nationalen Selbstbewußtseins: Faktoren, die in den verschiedenen Phasen der Bundesrepublik unterschiedliches Gewicht hatten."

Sonja Margolina, Publizistin, in der "Berliner Zeitung" vom 1./2. April


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen