© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    16/00 14. April 2000

 
Der Agit-Prop soll eingedämmt werden
Die neue Rundfunkpolitik in Hessen bringt die linke Schickeria auf die Palme
Werner Olles

Die Hessische Landesregierung aus CDU und FDP plant eine Vergrößerung des Rundfunkrats des Hessischen Rundfunks. Bereits die Ankündigung, die Zahl der Mitglieder des Kontrollgremiums von derzeit 17 auf 25 zu erhöhen, stieß auf den geharnischten Protest von SPD, Grünen und Gewerkschaften. Die Vorwürfe reichten von "kulturelles Banausentum" über "deutlich parteipolitisches Kalkül" bis hin zu "plumper Versuch, mehr Einfluß auf den Sender zu bekommen". HR-Intendant Klaus Berg betonte dagegen in seltener Freimütigkeit, der Sender zeichne sich gerade dadurch aus, "daß die Zusammensetzung des Rundfunkrates seit fünfzig Jahren im wesentlichen unverändert geblieben" sei.

Dies ist nun in der Tat genau der Fall, und so erklärt sich vermutlich auch, daß der HR wie keine zweite öffentlich-rechtliche Sendeanstalt in Deutschland – ausgenommen vielleicht noch der WDR – seit Jahrzehnten unverdrossen als kostenlose Agit-prop-Agentur der Sozialdemokratie und weiterer linker Organisationen tätig ist. Ein Musterbeispiel hierfür ist die HR-Chefredakteurin Luc Jochimsen, die noch 1989 die deutsche Wiedervereinigung vehement bekämpfte und in der aktuellen Österreich-Diskussion Jörg Haider und die FPÖ als Träger "faschistischer Ideen" diffamierte.

Als zu Beginn der siebziger Jahre die Invasion der Protagonisten der 68er-Kulturrevolution – euphemistisch auch als "Marsch durch die Institutionen" bezeichnet – in die Verlagshäuser, Rundfunk- und Fernsehanstalten stattfand, blieb auch der HR von dieser "feindlichen Übernahme" nicht verschont. So gelang es vor allem Anhängern der Sozialdemokratie und der Grünen dank wohlvorbereiteter Maßnahmen ihrer Gesinnungsgenossen, ihre Seilschaften im Sender stark auszubauen. Dieser linken Phalanx, zu der dann noch Gewerkschaftsfunktionäre und Vertreter des progressiven Flügels der Evangelischen Kirche stießen, hatten CDU, FDP und Unternehmerverbände kaum etwas entgegenzusetzen.

Dies änderte sich auch nicht, als in Wiesbaden unter Wallmann eine CDU/FDP-Koalition regierte. Aus der Erkenntnis dieser Misere, nach der Konservative Rundfunkpolitik bislang stets zu ihren Ungunsten vernachlässigt haben, hat Ministerpräsident Roland Koch gelernt und versucht nun mit einer Vergrößerung des Rundfunkrats wenigstens ein annäherndes Gleichgewicht der beiden politischen Blöcke zu erreichen. So sollen vom 1. Januar nächsten Jahres der Landessportbund, der Deutsche Beamtenbund, der Landeselternbeirat, der Landesfrauenrat, die Arbeitsgemeinschaft der hesssichen Industrie- und Handelskammern, die Arbeitsgemeinschaft der Hesssichen Handwerkskammern, der Bund der Vertriebenen, der Verband der freien Berufe, die Liga der freien Wohlfahrtspflege und gemeinsam der Landesmusikrat, der Landesverband des Deutschen Bühnenvereins und der Hessische Museumsverband als neue Mitglieder des HR-Rundfunkrats hinzukommen. Nicht ganz verständlich ist hingegen, warum der Freie Deutsche Hochstift, immerhin die älteste deutsche Gesellschaft für die Goetheforschung, und die Frankfurter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst zukünftig keinen Sitz mehr haben sollen, und dies auch noch mit der merkwürdigen Begründung, sie seien nicht mehr "zeitgemäß", dem Publikum nahegebracht wird.

Anstatt den seit ewigen Zeiten stark linkslastigen Rundfunkrat mit seinem Vorsitzenden Dieter Hooge, der gleichzeitig auch Landesvorsitzender des Hessischen DGB und für seine wüsten Attacken gegen alles, was rechts von der SPD steht, berüchtigt ist, und auch den noch wichtigeren HR-Verwaltungsrat mit dem stellvertretenden DGB-Landesvorsitzenden Gert Lütgert an der Spitze, dergestalt zu reformieren, daß man wirklich von einer längst überfälligen "Modernisierung" reden könnte, wird weiterhin nur an den Symptomen herumgedoktert. Möglich wäre jedoch auch, daß die Landesregierung für die Neuwahl des Intendanten im Jahre 2003 gewisse Weichen stellen möchte, um dann einen ihr nahestehenden Intendanten zu bekommen.

Allerdings haben die geplanten Änderungen im Rundfunkrat die vereinigte Linke bereits auf den Plan gerufen. Unisono verurteilten SPD, Grüne und Gewerkschaften die geplante Erweiterung. Den Höhepunkt der Angriffe stellte jedoch ein HR-Kommentar dar, in dem die Mitglieder des Bundes der Vertriebenen wörtlich als "Reaktionäre" diffamiert wurden. Während sich die CDU über den Kommentar, der von einem Mitarbeiter des Evangelischen Pressedienstes verfaßt wurde, nicht verwundert zeigte, wollte der Fraktionschef der SPD, Clauss, den Hörfunkbeitrag nicht kommentieren. Auch die Grünen, die sonst auch noch die obskurste Minderheit vehement verteidigen, schwiegen. Klare Worte fand hingegen die CDU-Bundestagsabgeordnete und BdV-Vorsitzende Erika Steinbach, die dem HR vorwarf, "in alten ideologischen Strukturen zu verharren" und zu Schlagworten zu greifen, die "im Kalten Krieg zum kommunistischen Vokabular gehört hatten". Frau Steinbach kritisierte auch die "Gefühlskälte gegenüber Vertriebenen", die sie "angesichts der aktuellen Ereignisse auf dem Balkan heute nicht mehr für möglich gehalten hätte".

Der im Volksmund auch als Hessischer "Rotfunk" bespöttelte HR zeichnet sich jedenfalls bis heute nicht durch eine objektive, ausgewogene und sachliche Berichterstattung aus. Man wird abwarten müssen, ob sich durch die geplanten Änderungen auch an den undemokratischen Strukturen, die die linken Netzwerke und Seilschaften in jahrzehntelanger Kleinarbeit aufgebaut haben, und vor allem an der völlig scham- und hemmungslosen Propaganda für rot-grüne Politikvorstellungen in naher Zukunft grundlegend etwas ändert.


 
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