© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    16/00 14. April 2000

 
Die selbstbewußten Regionen
Italien: Solidaritätskampagne der Lega Nord für Österreichs Freiheitliche
Michael de Wet

Daß es in Kärnten zweisprachige Kindergärten und Schulen in Ort-schaften mit slowenischer Minderheit gibt, ist ein konkreter Verdienst des Landeshauptmannes Jörg Haider. Die vor dem freiheitlichen Regierungsantritt in Kärnten regierenden Sozialisten hatten diese Konzession an die Volksgruppe stets verweigert. Auch das ist eine Realität, die von den europäischen Medien bewußt ausgeblendet wird: Eine Politik, die sich für die Wahrung der Identität von traditionellen regionalen Minderheiten ausspricht, ohne dabei in multikulturellen Taumel zu verfallen, hat es nicht zu geben; Einheit in Vielfalt ist unerwünscht, muddling through in der one world ist das Ziel, wenn von Toleranz gegenüber Minderheiten gesprochen wird.

Das Zerrbild von Haider und den Freiheitlichen als Nationalisten tut nicht nur der föderalistischen Realität des FPÖ-Programms und der freiheitlichen Regierungspraxis in Kärnten unrecht. Es verkennt auch, daß es niemand anderes als Haider war, der mit Italien und Slowenien eines der erfolgreichsten länderübergreifenden Modelle europäischer Zusammenarbeit begründete. Eine Frucht dieser Kontakte ist die länderübergreifende Zusammenarbeit namens "Ohne Grenzen/Brez mezja/Senza confini" zwischen dem Freistaat Kärnten, Slowenien und der italienischen Region Friaul/Julisch-Venetien. In dieser Regionalpartnerschaft hat der Regionalrat der norditalienischen Provinz zu keinem Zeitpunkt geschwankt – auch nicht, als sich die linksgerichtete römische Regierung in die allgemeine europäische Boykott-Hysterie einklinkte und italienische Reisekader zu den Wiener Anti-FPÖ-Demonstrationen aufbrachen. Statt dessen setzte sich der Regionalrat demonstrativ für den Ausbau der nachbarlichen Beziehungen aus. Als die Regierung d‘Alema kürzlich ein in Friaul erlassenes Haushaltsgesetz deshalb ablehnte, weil darin auch eine finanzielle Regelung der konkreten Umsetzung des "Senza-confini"-Vertrages mit Kärnten vorgesehen war, fühlte sich das Regionalparlament veranlaßt, die Regionalpartnerschaft nochmals zu bekräftigen. "Wir wollten unsere Solidarität mit den Österreichern bekunden. Ich bin über Europas Verhaltensweise perplex: Wenn Haider ein gefährlicher Krimineller ist, warum entdeckt man dies erst jetzt? Warum nicht schon vor einem Jahr, als er zum Kärntner Landeshauptmann gewählt wurde?" erklärte der Präsident des Regionalrates, Antonione.

"Die Lega Nord und Haider – Wahlverwandtschaften", titelte das Parteiblatt der padanischen Regionalisten zu einer Zeit, als alle anderen italienischen Parteien – Berlusconis Forza Italia und die postfaschistische Alleanza Nazionale eingeschlossen – auf Distanz zu der neuen Regierungskoalition im nördlichen Nachbarland gingen. In den Augen des Lega-Chefs Umberto Bossi ist die ganze Kampagne gegen die Freiheitlichen ein breit angelegter Angriff der politischen Linken und großen Machtkartelle gegen all jene Kräfte, die sich für Regionalismus und Selbstbestimmungsrecht einsetzen.

Die demonstrative Nähe der Lega Nord kommt nicht von ungefähr; zwischen beiden Parteien existieren schon seit langem freundschaftliche Kontakte. 1993 gaben der FPÖ-Kulturreferent Andreas Mölzer und Jürgen Hatzenbichler im Grazer Verlag Leopold Stocker einen Sammelband unter dem Titel "Europa der Regionen" heraus, in dem neben Jörg Haider auch Umberto Bossi mit einem Beitrag über die Föderalisierung Italiens vertreten war. Auch der neuen FPÖ-Vorsitzenden Susanne Riess-Passer werden gute Kontakte zur Lega nachgesagt.

Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, daß jene "padanischen" Kommunen, in denen die Lega Nord den Bürgermeister oder Ratsmehrheiten stellt, derzeit Solidaritätsaktionen mit dem bedrängten nördlichen Nachbarn veranstalten und zu kommunalen "Freundschaftspakten" aufrufen. So bezeichnete sich der von der Lega Nord gestellte Bürgermeister von Treviso, Gentilini, als "Schüler Haiders" und machte sich für den Abschluß eines "Freundschaftspaktes" seiner Stadt mit der Kärntner Landeshauptstadt Klagenfurt stark. Dafür setzte es prompt die Androhung der französischen Partnerstadt Orleans, nun ihrerseits die Beziehungen zu Treviso aufzukündigen.

Die Aktivitäten der padanischen Regionalisten schmieden bisweilen seltsame örtliche Bündnisse. Im Stadtrat von Undine etwa kam eine Solidaritätserklärung der Lega Nord zustande, die auch von ihrem örtlichen Bundesgenossen, den Grünen, mitgetragen wurde. Auf nationaler Ebene hingegen heißt die italienische Alternativpartei den EU-Boykott gegen die Alpenrepublik gut. In Pordenone hingegen hält die Lega Nord im Bündnis mit der Alleanza Nazionale die Rathausmehrheit. Auch dort wurde ein "Freundschaftspakt" mit Klagenfurt beschlossen. Bürgermeister Pasini erklärte dazu kurz und knapp: "Das Dokument will eine politische Provokation sein. Die EU hat kein Recht zu entscheiden, welche Regierung ein Land haben soll."


 
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