© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    17/00 21. April 2000

 
Gründung im Mai
Ein Gespräch mit Götz Kubitschek über das geplante "Institut für Staatspolitik"
Dieter Stein

Herr Kubitschek, schon seit einigen Monaten gibt es Gerüchte über die Gründung eines "Reemtsma-Instituts von rechts". Wie zu erfahren ist, sind Sie einer der Initiatoren des Projekts. Was ist geplant?

Kubitschek: Zuerst sage ich, was wir nicht sind: ein "Reemtsma-Institut von rechts". Das ist ein griffiges Etikett, in dem so der richtige Angriffsgeist steckt, mehr nicht. Wir werden keine politischen Sauereien planen. Wir gründen ein wissenschaftliches Institut, das verschiedene Aufgaben erfüllen soll. Vor allem soll es als Organisations- und Aktionsplattform dienen: Wir wollen – was erfolgversprechende Projekte angeht – weg von Beliebigkeit und Zufall. Außerdem denken wir an die Archivierung von Nachlässen und anderem Material, das noch viel zu oft in den unzugänglichen Kellern irgendwelcher Institutionen vergammelt.

Was haben Sie konkret vor?

Kubitschek: Im August wird es eine Sommeruniversität für Schüler und Studenten geben. Ich erinnere an die erste JF-Sommeruniversität in Ravensburg, 1993. Das war eine Initialzündung, ich selbst habe dort wenigstens ein Dutzend Leute kennengelernt, mit denen ich seither viel gemacht habe. Das Problem war aber, daß diese Sommeruniversität in den Folgejahren an mangelnder Zuverlässigkeit in der Organisation scheiterte. Im September werden wir in Berlin eine Veranstaltungsreihe starten. Sie trägt den Namen "Berliner Kolleg". Die erste Veranstaltung ist eine Podiumsdiskussion zum Thema "Libertäre, Konservative, Neue Rechte". Wir werden breit einladen und Verbindungen knüpfen. Geplant sind außerdem Treffen für Publizisten und – für das Frühjahr – ein erster wissenschaftlicher Kongreß. Dies alles wird begleitet durch umfangreiche Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit.

Im konservativen Umfeld gibt es auch andere Initiativen. Wodurch wird sich Ihr Institut wesentlich unterscheiden?

Kubitschek: Uns geht es um Öffentlichkeit, Vernetzung und Aktion. Damit sind die wesentlichen Unterschiede markiert. Ketzerisch augerückt: Wir werden nicht die x–te Arbeitsgruppe zum Thema "Alte verlorene Schlachten" einrichten. Es liegt zu den unterschiedlichsten Themen viel gutes Material in den Schubladen, das meiste ist auch veröffentlicht. Was wir brauchen, ist eine Öffentlichkeitsoffensive. Viele unserer Themen sind vermittelbar, wenn wir uns geschickt anstellen.

Sind Sie da nicht ein bißchen zu optimistisch?

Kubitschek: Ich möchte die Sache gleich richtig einordnen. Wenn wir uns ganz ohne Eitelkeit die Frage stellen, was wir mit unseren Vorträgen, Büchern und Zeitungsartikeln treiben, lautet meiner Meinung nach die Antwort: Wir beteiligen uns an einem Spiel. Das bedeutet: Obwohl wir selbst unsere Arbeit sehr ernst nehmen, werden wir derzeit nicht wirklich gebraucht. Unsere vollkommen abgesicherte Gesellschaft wird durch unsere Warnrufe und Forderungen nicht berührt. Der Soziologe Arnold Gehlen würde sagen, daß die Entlastung, die der Einzelne durch die Institutionalisierung aller Lebensvorgänge erfahren hat, echte Erschütterungen verhindert. Oder wann sind Sie das letzte Mal durch eine erschreckende Zustandsanalyse unserer Nation wirklich um den Schlaf gebracht worden? Unserem System gelang es sogar, das Erdbeben der Wiedervereinigung abzufedern und mit dem gleichen Personal und den gleichen verkorksten Konzepten weiterzumachen. Daraus muß man lernen. Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß unsere Konzepte, Analysen und Lösungsvorschläge nicht – noch nicht – zu Handlungen oder Mehrheiten führen, schlimmer: daß wir selbst mit täglich zwei freien Sendestunden im ZDF nichts wirklich verändern könnten. So gesehen beteiligen wir uns tatsächlich an einem Spiel, mit dem sich die Intellektuellen verschiedener Lager die Zeit vertreiben.

Wenn es nur ein Spiel ist: Wozu gründen Sie dann noch ein Institut?

Kubitschek: Weil es nicht immer so bleiben wird; weil es in meiner Generation sehr, sehr viele Leute gibt, die von diesem saturierten Spiel die Nase voll haben; weil wir unser Pulver trocken halten müssen; und weil die Stimmung für uns arbeitet: Es liegt etwas in der Luft.

Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung einer "Stimmung"?

Kubitschek: Da fließt vieles zusammen, vor allem aus Gesprächen. Und dann haben uns insgesamt die Reaktionen überrascht auf die zaghaften Andeutungen unserer Gründungsinitiative. Es gibt viele junge Leute, die jetzt losschlagen wollen.

Wer wird eigentlich an diesem Institut mitwirken, und wen wollen Sie für die Mitarbeit gewinnen?

Kubitschek: Die Initiative wird von drei Leuten getragen: Karlheinz Weißmann, der Rechtsanwalt Stefan Hanz und ich werden die Sache aufziehen. Wir haben Kontakte zu Wissenschaftlern und Publizisten aufgebaut. Es gibt keine Gremien und keine langwierigen Entscheidungswege. Zur Mitarbeit sind wiederum Wissenschaftler, Studenten, Förderer, Publizisten usw. aufgerufen. Uns geht es vor allem um den Nachwuchs. Zu den Förderern noch einen Satz: Finanziell – und das ist ein wichtiger Punkt – soll unser Institut von vielen Kleinspendern getragen werden: Wir wollen unabhängig von Parteien oder anderen Trägern arbeiten.

Mit Herrn Weißmann und Ellen Kositza zusammen haben Sie gerade ein Bändchen zu Armin Mohlers 80. Geburtstag herausgegeben. Es ist in der "Edition Antaios" erschienen, die Sie gegründet haben. Gibt es da Zusammenhänge zum Institut?

Kubitschek: Die Edition Antaios wird natürlich Buchprojekte aufgreifen, die aus dem Institut heraus entstehen. Darüber hinaus planen wir beispielsweise die Reihe Perspektiven, die in das Denken uns wichtiger Persönlichkeiten einführt. Wir starten im Herbst mit Bänden über Arnold Gehlen und Georges Sorel.

Gibt es für das Institut schon einen Namen?

Kubitschek: Wir haben uns für den Namen "Institut für Staatspolitik" entschieden. Ich will ihn jetzt nicht interpretieren. Da sind wir auf Reaktionen gespannt. Gegründet wird das Institut im Mai.

 

Informationsmaterial kann bei Götz Kubitschek, Alte Frankfurter Str. 54, 61118 Bad Vilbel, angefordert werden. Stefan Hanz hat außerdem ein Konto eingerichtet: Unterstützungskonto Institut für Staatspolitik / Treuhandkonto RA Stefan Hanz, Deutsche Bank 24, AG Leipzig, BLZ 820 700 24, Kto.-Nr. 301 331 503


 
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