© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    18/00 28. April 2000

 
Globalisierungsangst
von Alexander Schmidt

Der Trend zur umfassenden Globalisierung scheint Widerstände dagegen immer selbstverständlicher zu machen: Das jüngste Attentat einer bretonischen Gruppe bestätigt die steigende Aktivität von vielen Terror-Gruppen aus regionalistischem Empfinden heraus. Der wachsenden Vereinheitlichung stehen mittlerweile Gegner aus breiten Gesellschaftsschichten gegenüber. Damit bewahrheitet sich das alte Gesetz, daß jede Tendenz die Antipode auf den Plan ruft. Die Aufklärung hat nicht zuletzt – wenn auch nur kurzfristig – zu einem Erstarken der romantischen Strömung geführt. Das Zuviel an Logik, Struktur und künstlich Geschaffenem wurde mit der Hinwendung zum Metaphysischen beantwortet. Ohne die heutigen Widerstände überhöhen zu wollen und die Reromantisierung Europas auf die Tagesordnung zu rufen, läßt sich aber erkennen, daß in besonderem Maße in der Moderne das Bedürfnis nach Heimat lebendig ist und wächst. Dies mit einer gesunden Portion europäischen Regionalismus zu verbinden und dem Bedürfnis des Menschen nach dem "Eigenen", Überlieferten und Werten nachzukommen, um ihn innerlich zu festigen, ist eine Möglichkeit, den Spagat zwischen kühler Wirtschaftswelt und menschlichen Tatsachen zu vollbringen. Franken, Bretonen und Westfalen, um nur einige zu nennen, statt "EU-Bürger" auf dem Weg ins 21. Jahrhundert. Gerade im Jahr 2000, in dem Karl der Große als Vater eines regionalen Europas seinen 500. Geburtstag feiert, wäre der Zeitpunkt einer Renaissance passend gewählt.


 
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