© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    18/00 28. April 2000

 
UMWELT
Politischer Rinder-Wahnsinn
Martina Zippe

Eine Einigung in der EU über Fleisch-Etikettirung ist ver-gangene Woche in Brüssel zustande gekommen. Ab 1. September soll – zur besseren BSE-Kontrolle – auf dem Fleisch-Etikett stehen, in welchem Land das Rind geschlachtet wurde.

Ob das dem Verbraucher zur Risikokalkulation in der Küche helfen wird? Wohl kaum, so wahnsinnig wie unsere Politiker auf nationaler und EU-Ebene sind: Für die Aufzucht von Kälbern fehlen noch immer gesetzliche Regelungen, die die derzeitige jämmerliche Realität in den Ställen untersagen. Kälber werden schließlich direkt nach der Geburt von ihrem Muttertier getrennt und kommen in Einzelboxen, die so winzig sind, daß sie kein Umdrehen erlauben. Dort verbringen sie ihr Leben bei Dämmerlicht, an Gelenkschmerzen leidend wegen der Bewegungsunfähigkeit. An Futter bekommen sie oft nur Flüssignahrung, mit der sie sich vor lauter Durst vollfressen.

So ist es kein Wunder, daß diese qualvoll gehaltenen Tiere für Seuchen wie BSE anfällig sind. Nein, wir brauchen nicht nur Informationen über den Geburts- und Schlachtort des Rindes, sondern vor allem über seine Haltungsform – tierquälerische Massentierhaltung oder artgerechte Aufzucht.

Und solange die Politiker dies nicht zustande bringen, bleibt uns Kunden nur die Möglichkeit, auf der Speisekarte nach heimischem Weiderind Ausschau zu halten oder in Naturkostläden und in einigen Supermärkten Fleisch und Wurst aus artgerechter Tierhaltung zu erstehen – aus christlicher Verantwortung, denn Gott tut nicht nur das Schicksal der Menschen leid, sondern "dazu auch das vieler Tiere" (Jona, letzter Vers).


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen