© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    18/00 28. April 2000

 
Deutsch(e) bleiben
Frederick Forsyth

Was nur ist schon wieder mit Euch Deutschen los? Erst zündet Ihr Euren eigenen Reichstag an, und nun plant Ihr die eigene Sprache durch die unsrige auszuwechseln. Wann werdet Ihr endlich den Versuch aufgeben, nicht deutsch zu sein?

Habt Ihr eigentlich eine Vorstellung davon, wie lange ich gebraucht habe, Deutsch zu lernen? Jahre harter Arbeit! Zum einen habt Ihr "der, die, das", drei Geschlechter. Dann muß der Artikel auch noch zum Adjektiv passen, welches wiederum mit dem Nomen übereinstimmen muß. Und zu guter Letzt schiebt Ihr das Partizip Perfekt an das Ende eines Satzes, so daß wir Ausländer raten müssen, ob es sich bei dem Nomen um einen Nominativ, Genetiv, Dativ oder Akkusativ handelt!

Um die Sache noch schlimmer zu machen, ist "der Tisch" in Frankreich weiblich ("une table"), männlich aber, sobald man den Rhein überquert. Und um dem Faß den Boden auszuschlagen nennt Ihr eine junge Frau "das Fräulein" oder "das Mädchen", beide Neutrum. Wie aber kann etwa die junge Marilyn Monroe ein Neutrum sein? Könnt Ihr tatsächlich etwas Neutrales lieben? Wie ist es dann wohl um Euren Sex bestellt?

Hättet Ihr Euch all das nur ausgedacht, um die Franzosen zur Verzweiflung zu bringen, nun gut. Bin ich aber am Ende der einzige Idiot, der zwischen Rhein und Oder noch Deutsch spricht? Komme ich nach Berlin und ein Taxifahrer schneidet meinen in Tegel gemieteten Volkswagen auf dem Ku-damm, so möchte ich, ganz wie in den alten Tagen, ausrufen dürfen: "Arschloch, bist ja dämlich, wat!" Nicht etwa: "Bullshit, cool bleiben!"

Nun, ich verstehe, daß es Institutionen wie etwa die Deutsche Bank sind, die Euch zu solchem Unsinn verführen. Vielleicht läßt sie das besser verkraften, daß sie zur Zeit mitansehen muß, wie das Pfund Sterling in höchste Höhen steigt, während der Euro (früher einmal "Deutsche Mark") sich langsam aber sicher wie in einer Toiletten-Schüssel abwärtsdreht. Tja, die Deutsche Bank darf mich da mal den "Götz von Berlichingen".

Warum können wir uns nicht darauf einigen, unsere jeweiligen Nationen, Staatsformen, Währungen, Geschichte, Kulturen und Sprachen zu bewahren? Dann könnten wir in brüderlicher Harmonie leben – und gemeinsam Steine auf die Franzosen werfen.

 

Frederick Forsyth , 61, ehemaliger Kampfflieger und Journalist, lebt als Bestseller-Autor ("Der Schakal", "Die Akte Odessa", "Die Hunde des Krieges", "Das schwarze Manifest", "Das Phantom von Manhattan") und Schafzüchter in Hertfordshire nördlich von London.


 
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